Daniel Kehlmann, Lichtspiel. Rowohlt

Warum ausgerechnet ein Roman über G.W.Pabst? Er war ein Gigant der Stummfilmzeit, einer der ganz Großen, an den sich aber heute kaum jemand mehr erinnert – außer Kenner der Stummfilmzeit. Aber wenn Daniel Kehlmann diese Figur ins Zentrum eines 450 Seiten starken Romans stellt, dann hat er gute Gründe. Die zu entdecken ist für den Leser nicht immer einfach.

Die ersten 80 bis 100 Seiten wirken wie ein schnell hingeschriebenes Filmskript: Personen wechseln im raschen Schnitt, kaum erkennbar. Pabst in Hollywood: niemand kümmert sich mehr um den einst Großen Pabst, er ist frustriert und will nur eines: Filme machen, und zwar gute, herausragende. Längst sind seine Erfolgsfilme wie „Die freudlose Gasse“ (mit Greta Garbo und Wener Krauß, 1929 in Deutschland) vergessen. Ein alarmierender Brief seiner Mutter ruft ihn und seine Frau Trude 1939 von Hollywood nach Österreich zurück. Ab diesem Abschnitt beginnt der Roman Fahrt aufzunehmen, man glaubt zu verstehen, was Kehlmann in dieser Figur eines naiven, zum Bleiben gezwungenen „Rückkehrers“ aufzeigen wollte: Österreich hat sich dem Hitlerdeutschland angeschlossen. Der Nazionalsozialismus blüht und gedeiht. Im eigenen Haus (Schloss in der Steiermark) wird die Familie Pabst bespitzelt. Doch er scheint von der politischen Lage unbeeindruckt zu sein – er will nur Filme drehen- Und er lässt sich in als Galionsfigur vor das Hitlersche Propagandasystem spannen. An diesem Punkt bleibt Kehlmann der Figur einiges schuldig: Aus demr Drang, künstlerische Filme zu machen, scheint Pabst blind für die das politische Geschehen um ihn herum zu sein. Die Frage, ob Kunstauftrag oder der Wille, sich künstlerisch zu verwirklichen, die Kompromisse rechtfertigen. die ein unter den Nazis arbeitender Künstler eingehen muss, bleibt unbeantwortet, besser gesagt: unbewertet. Vielleicht stellt Kehlmann die Frage an den Protagonisten überhaupt nicht – aus dem einfachen Grund, keinen moralisierenden Roman schreiben zu wollen. Er überlässt das Urteil darüber dem Leser. Am Ende des Romans ist die Antwort nicht eindeutig klar. So viel Blindheit glaubt man der Hauptfigur – und daher dem Autor – nicht. Dennoch ist der Roman lesenswert, spannend geschrieben, wenn auch durch häufige Wechsel der Erzählperspektiven manchmal ärgerlich modisch.

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