Theater in der Josefstadt: Thomas Arzt: Leben und Sterben in Wien

Regie: Herbert Föttinger, Bühnenbild: Die Schichtarbeiter, Kostüme: Birgit Hutter, Komposition und Live-Musik: Matthias Jakisic

Ein Theaterabend, der aufwühlt und in Erinnerung bleibt. Ein Theaterabend, an dem alles stimmt: Eine resolute, schnell arbeitende Regie (Herbert Föttinger), die keine Langeweile aufkommen lässt und das schwierige Politstück einigermaßen transparent macht. Wenn auch hie und da der Tumult so groß wird, dass man nicht mehr unterscheiden kann, wer auf wen schießt.

Thema: Wien zur Zeit 1927 bis 1933. Eine politisch noch nicht wirklich gut aufgearbeitete Zeit, doch der Autor Thomas Arzt versucht, an einigen privaten Schickalen das Geschehen transparent zu machen.

Das Bühnenbild von den Schichtarbeitern: Eine graue Landschadt, die Land und Stadt sein kann. Zwei schwarze Lichtmasten ragen wie Mahnmale in den Himmel. Einfach und stimmig.

Eine große Leistung liefert der Chor ab, der in Windeseile Kostüme wechseln muss – einmal Landbevölkerung, dann Volkstanz der „Hahnenschwänzler“, dann Stadtmenschen, die hektisch durch die Straßen rennen, dann Arbeiter, die zum Aufstand sich zusammenrotten. Dann ein Chor, der wie in der Antike das Geschehen kommentiert, getragen von der intensiven Musik von Matthias Jakisic.

Die ebensogroße Leistung des ganzen Ensembles macht den Abend zu einem spannenden Schau-Spiel. Allen voran Katharina Klar als Fanni. An ihrem Schicksal lässt sich die Skala der Ereignisse ablesen: Auf dem Lande vom Großbauern und der Bäuerin ausgebeutet, vom Bauernsohn geschwängert, stellt sie sich auf eigene Füße, sucht in der Stadt Wien festen Fuß zu fassen, zunächst unpolitisch, dann aber immer dichter am Geschehen. Mit ihr erlebt man den Kampf der Klassen gegeneinander – die Heimwehr gegen die Schutzbündler, die hilflosen Versuche „die Demokratie zu retten“, wo nichts mehr zu retten war. Eine starke Figur ist die selbstbewusste Schutzbündlerin Sara ( sehr gut: Johanna Mahaffy). , die von der Freiheit der Frauen träumt, aber im Kampf erschossen wird. Lore Stefanek ist in ihrer Rolle als grausame alte Bäuerin ganz großartig. Bis zu den kleinsten Rollen – etwa Joseph Lorenz als Inspektor Inninger – sind alle prominent und stimmig besetzt. Wieder einmal zeigt sich, wie klug Herbert Föttinger sein Ensemble aufgebaut hat, mit dem er eine so riesig angelegte Politshow problemlos über die Bühne bringt.

Ein Rat für Zuseher, die historisch nicht ausreichend über diese Zeit informiert sind: Im Programm ist eine gute und hilfreiche Übersicht zu finden.

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