Sommerabend in Grafenegg: Tönkünstler Orchester mit Wohlfühlmusik unter dem designierten Dirigenten Fabien Gabel und mit Renaud Capucon -Violine

Paul Dukas: „L’apprenti sorcier“ (Der Zauberlehrling) Symphonische Dichtung für Orchester (1897)

Mögen so manche über die sogenannte Programmmusik die Nase rümpfen, an diesem Abend zeigte sich, wie vielgestaltig, spannend und aufregend sie sein kann. Goethe wusste, wie man Spannung aufbaut. zum Beispiel in der Ballade „Der Zauberlehrling“, und Paul Dukas verstand sie perfekt in Musik umzusetzten. Alles beginnt recht friedlich mit den Streichern, bis die Trompete einsetzt und der Zauberlehrling den Spruch verkündet. Mit dumpfen Rhythmen kommt der Besen zum Einsatz – bedrohlich, Die Gefahr steigert sich. der Lehrling ahnt noch nichts. Noch hüpft und gurgelt das Wasser herein, bis es zum bedrohlichen Schwall wird. Da zerhackt der Lehrling in seiner Verzweiflung den Besen, doppelt so viele Wassermassen stürzen herein, die Musik schwillt an, bis der Meister eintritt und alles beruhigt. – Bestes Beispiel, wie amüsant und lautmalend Programmmusik sein kann.

Maurice Ravel: Sonate für Violine und Klavier (1923). Violine: Renaud Capucon

Das“ Allegretto“ ist reine Wohlfühlmusik: Nach einem lieblichen Anfang übernimmt die Geige die Führung, das Orchester untermalt, man glaubt Wasser rauschen zu hören, das leise verplätschert. Im „Blues“ ändert sich die Stimmung, rascher Tempowechsel, die Geige wird heftiger, Pizzicati, manchmal witzige Dissonanzen, ein wunderbarer Dialog zwischen Flöte und Geige, Im „Perpetuum mobile“ gewinnt man den Eindruck eines davonrasenden Zuges, der Geiger geigt um sein Leben, während der Zug ins Leere rast. Atemlos, eine sehr moderne, fast heutige Komposition.

Maurice Ravel: „Tzigane“ Rhapsodie de concert für Violine und Orchester (1924)

Erinnerungen an so manche „Zigeunermusik“ in der Puszta steigen auf. Renaud Capucon als „Teufelsgeiger“ mit Rasanz und weichem Schmelz. Zitate aus bekannter „Zigeunermusik“ (der Ausdruck war zu Ravels Zeiten als Ehrentitel gemeint). Ein feingesponnener Dialog zwischen Harfe und Geige lässt kurz träumen, dann rast die Geige davon – das Tempo berauscht!

Viel Applaus für Renaud Capucon, den Dirigenten und das Orchester. Nach der Pause dann die wunderbar dirigierten und von den Tonkünstlern fein aufbereiteten:

„Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski. Instrumentierung : Maurice Ravel 1922

Oft gehört im Radio oder auf diversen Tonträgern, aber an diesem Abend klang die Musik wie neu: Spannend, strukturiert dirigiert und gekonnt von den Tonkünstlern umgesetzt! Unter dem allseits bekannten Motiv der „Promenade“ spaziert der Komponist durch die Ausstellung seines russischen Malerfreundes Viktor Alexandrowitsch Hartmann. Die Bilder sind verschollen, doch die Musik macht sie uns lebendig! Der Rundgang beginnt mit dem Bild „Gnomus.Vivo“ – wir hören einen dumpfen, grollenden Zwerg, der zornig aufstampft. Dann spaziert der Komponist weiter zu der Traumvorstellung eines Schlosses, das sich aus dem Morgennebel hebt. Das Orchester leitet nach der Promenade über zu den verspielten Bildern aus den „Tuilerien“, um nach weiteren zwei Bildern zu den berühmen Thema der Kücken, die sich aus ihren Eierschalen herauskämpfen, nahtlos überzuleiten. Wie sehr Musik humorvoll sein kann, hört man auch in dem Streit zwischen dem reichen und dem armen Juden und dem aufgeregten Geschrei und Getratsche auf dem Markt von Limoges. Und wie eine Schocktherapie spaziert der Komponist zu dem tragischen Bild der Katakomben, um sofort wieder ins Humrvolle zu gleiten – zum Bild der watscheldnden Baba-Yaga. Machtvoll endet der Gang durch die Ausstellung mit dem Bild des „Großen Stadttores von Kiev“: Kirchenglocken schallen durch Klostergesänge – die Reise endet in Russland mit einer tiefen Verehrung für russische Musik

Ein Abend, der tief in die Seele drang. Renaud Capucon beeindruckte als „Teufelsgeiger“, und der designierte Chefdrigent der Tonkünstler Fabien Gabel lenkte die Muiker sehr präszise und mit viel Schwung durch diesen Abend. Langer Applaus und laute Bravos!!

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