Andrea De Carlo, Als Durante kam. Diogenes Verlag

Aus dem Italienischen von Maja Pflug

Da muss der Autor wohl gerade ein Esoterikseminar oder einen Aufenthalt in einem indischen Ashram avsolviert haben. Denn anders als in seinen späteren Büchern voll ätzender und witziger Gesellschaftskritik, erzählt er uns in diesem um 2008 erschienenen Roman von einem Supermann namens Durante. Wo immer der ankommt, fliegen ihm die Herzen zu, besonders die der Frauen. Er besitzt nichts außer einem klapprigen Auto und einem wundervollen Pferd.

Eines Tage betritt Durante das Haus von Pietro und Astrid, die irgendwo in den Hügeln bei Trearchi (Kleinstadt in den Marchen) in einem alten, mit Geschmack renovierten Bauernhaus wohnen. Beide verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit Weben. Das erlaubt ihnen zwar ein relativ unabhängiges Leben, aber sie müssen ordentlich viel arbeiten, um davon leben zu können. Manchmal artet die Arbeit in eintönigem Stress aus. Also: Durante betritt das Haus der beiden Weber. Keiner weiß, woher er kommt. Er nimmt sich ungefragt einen Apfel aus der Schüssel und benimmt sich auch sonst so, als wäre er eingeladen worden. Astrid ist von Durante fasziniert, Pietro weiß sofort, dass er diesen Typ nicht mag. Bald spricht die ganze Umgebung von ihm – die meisten bewundernd. Er reitet wie ein Gott, verschenkt ein wertvolles Bild und – da triftet die Geschichte ins Komisch-Unglaubwürdige ab – weckt einen Mann aus dem Koma auf.

De Carlo erzählt die Geschichte in der Ichform, aus der Perspektive von Pietro. Der entwickelt sich zum antagonistschen Gegenspieler – Realist, Skeptiker und vor allem Durante-Verächter. Besonders hasst er ihn, weil er nicht nur seine Lebensgefährtin Astrid, sondern auch deren quirlige und für Pietro äußerst interessante Schwester Ingrid aus der Lebensbahn wirft. Bald herrscht im Tal und auf den Hügeln nur ein Gesprächsthema – Durante. Was er kann, wie er schaut, wie er redet …Selbst die Hunde sind von ihm begeistert, allen voran Pietros Hund Oskar.Und ganz langsam weichen sich gewohnte Lebensformen auf – vor allem Pietro beginnt über die Eintönigkeit ihrer beider Leben nachzudenken. Ist es geistige Trägheit, die Macht der Gewohnheit, in der Astrid und er verharren? Das Weben wird zum Symbol des Eingespanntseins. Astrid reist in ihre Heimatstadt Graz zu ihren Eltern. Er bleibt allein mit seinen quälenden Gedanken und Fragen zurück. Als er Haus und Werkstatt schließt, um nach Graz aufzubrechen, fährt Durante ungebeten mit. Aus der Fahrt nach Graz wird ein Roadmovie quer durch Italien und weiter in die Schweiz…Und ab da wird die Geschichte mühselig. Die Sympathie des Lesers für Duante sinkt mit der steigenden Seitenzahl. Er fährt seine diversen Familien ab, also seine Geliebten und Kinder, die er ihnen hinterlassen hat, hält moralische Vorträge über aus seiner Sicht sinnvolle Lebensformen – bessere Sonntagspredigten Schade, bis zur Mitte war die Geschichte durchaus amüsant und manche Grundsatzfragen gut angedacht und ausformuliert.

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