Dacia Maraini: Tage im August. Folio Verlag

Aus dem italienischen neu übersetzt von Ingrid Ickler

Der Originaltitel „La Vacanza“ gibt besser wieder, was Dacia Maraini in diesem Roman vermitteln will: In „Vacanza“ steckt das lateinische Wort „vacuum“ – das Leere. Vacanze-Ferien – bedeuten für Italiener in erster Linie Ferien am Meer, auch frei sein von Verpflichtungen – aber immer schwingt der Gedanke an Langeweile, Leere mit.

Nicht immer ist Langeweile positiv. Jedenfalls nicht für die vierzehnjährige Anna und ihren um einige Jahre jüngeren Bruder Giovanni. Das Jahr über sind sie im Internat, von strengen Schwestern mit Argusaugen bewacht. Dann endlich kommt der Tag, an dem sie ihr lebenslustiger Vater auf seinem Motorrad abholt und in das Haus am Meer bringt, wo sie Nina erwartet, die die verstorbene Mutter ersetzen soll. Was nicht so recht klappt. Denn mehr als die Pasta ihnen vorzusetzen schafft sie nicht. Meist ist sie müde. Also verbringen Anna und Giovanni die Tage am Strand. Es ist Krieg, die Flugzeuge fliegen Richtung Rom. Mussolini ist am Ruder. Anna langweilt sich. Aus Langeweile lässt sie sich von einem alten Lustmolch einladen, lässt sich emotionslos von ihm betatschen und steckt ebenso emotionslos Geld dafür ein. Sie registriert alles um sich herum, nimmt es mit fast fotografischer Genauigkeit wahr – bleibt aber von allem unberührt. Sie lässt sich ebenso emotionslos von pubertierenden Buben betatschen, – nichts kommt wirklich an sie heran. Nina und ihrem Vater gegenüber bleibt sie verschlossen. in Beobachterposition. Mit kalten und kritischen Augen betrachtet Anna die Erwachsenen, weiß ihre Lügen zu entlarven, bleibt aber immer unbeteiligt. Als die Ferien enden, kehren Anna und Giovanni wieder ins Internat zurück . Alles so wie es war.

Dacia Maraini schildert mit erschreckender Nüchternheit und fast zwanghaftem Hang zur Genauigkeit die sich täglich wiederholdenden Abläufe dieser leeren Tage der Ferien. Krieg ist bedeutet maximal Gesprächsthema. Die Angst davor wird kleingehalten, man spricht sie nicht aus, findet Ruhe im endlosen Kartenspiel .

Erschreckend ist die Kälte, die von diesem Roman ausgeht!

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