„Der schlafende Wal“ – ein Stück ohne Bruckner. Schuberttheater

Text: Paulus Hochgatterer. Regie: Simon Meusburger. Bühne & Licht: Simon Meusburger. Puppen & Kostüm: Soffi Povo. Kostüm und Ausstattung: Lisa Zingerle.

Spiel und Puppenführung: Manuela Linshalm

Eine auf irgendwen und alles wütende Sprayerin stürzt unflätig fluchend in den Zuschauerraum. Vielleicht möchte sie sich auf einen (nicht vorhandenen ) Mann stürzen und ihn mit Pfefferspray unwirksam machen. Sie ist gewaltbereit und sprüht ihren Frust auf die Wänden der Häuser. Ein kluger Richter verurteilt die Frustrierte zu hundert Stunden Sozialarbeit. Die junge Wilde muss ihre Strafe bei einer alten Frau abdienen. Die lebt seit Jahren in den vier Wänden ihres Minisalons. Das Mobiliar: Nachtkästchen aus der Zeit der 1900er Jahre mit Spitzendeckchen und verspielten Tischlampen.

In diesem aus der Zeit gefallenen Ambiente ( Kompliment an den Bühnenbildner Simon Meusburger) kann das eigentliche Spiel beginnen. Verzaubert folgt man den Gesten und den Stimmen: Hier die resignierenden Seufzer der alten Lady, da die forschen Fragen der Punkerin. Einen größeren Gegensatz an Charakteren kann man sich nicht vorstellen. Auf magische Weise schlüpfen aus den Tischlampen die Büsten diverser Komponisten – sie steigen aus der Erinnerung der alten Dame auf. Die hat ja -wie man im Lauf des Stückes erfährt – eine Zwangsbeglückung mit der Musik Bruckners durch ihren verstorbenen Ehemann erfahren. Vielleicht hat sie diesen ja anfangs ihrer Ehe noch bewundert, doch im Laufe der Jahre hat sich die Bewunderung in Langeweile verwandelt. Die vielen Reisen zu Bruckneraufführungen – öd!!. Über Bruckner wird viel geredet, aber er „kommt nicht vor“. An seiner Stelle schlüpfen aus den Lampen die Büsten Brahms, Wagners und sogar des kauzigen und strengen Kritikers Eduard Hanslik. Sie alle geben ihren Senf zur Musik Bruckners dazu. An dieser Stelle darf Kritik erlaubt sein: So witzig und abstrus diese Szenen mit den Büsten der Musiker sind – sie sind einfach zu lang. Auch wiederholen sich gewisse Sentenzen über Musik, Reisen, Fotos und die Reisetasche zu oft. Wer mit der klassischen Musik nichts am Hut hat, wird sich langweilen. Vor allem aber verwässern diese zwanghaft repetitierten Textpassagen das subtile Beziehungsgeflecht zwischen der Punkerin und der alten Dame. Denn am Horizont zeichnet sich gegenseitiges Verstehen ab, bleibt aber nur vage angedeutet. Wäre aber interssanter als all dieses Gerede über Bruckner. Ein kritischer Einwand, der vor allem dem Autor Hochgatterer gilt. Um den Titel zu rechtfertigen, zieht er eine weit hergeholte Erklärung, die mit dem Stück selbst nichts zu tun hat, aus dem Hut: Die Punkerin erinnert sich, dass sie einmal einem „schlafenden Wal ins Auge geblickt hat“ – und das war für sie das Megaerlebnis. Bruckner und der Wal -eine ziemlich schräge Kombination!

Ein unterhaltsame Aufführung, die vor allem von den zauberhaften Puppen und dem Zusammenspiel zwischen der Puppe der alten Dame und der Figur der Punkerin, beide gespielt von Manuela Linshalm, lebt.

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