Oper Graz: Giuseppe Verdi: La Traviata

Wiederaufnahme: 6. Oktober 2024, 35. Vorstellung am 02.11.2024

Inszenierung: Peter Konwitschny, Bühne und Kostüme: Johannes Leiacker, Licht: Daniel Weiss und Joachim Klein, Chor: Johannes Köhler, Dirigent der Grazer Philharmoniker: Matteo Beltrami

Glück gehabt! Es wäre wirklich jammerschade, wenn man diese packende Inszenierung von Peter Konwitschny verpasst hätte (letzte Vostellung am 10. November 2024)! Wieder einmal bewahrheitet sich, was Opernfans nicht müde werden zu wiederholen: Kluge, interessante Inszenierung haben ein langes Haltbarkeitsdatum. Seit der Wiederaufnahme dieser Inszenierung (Première an der Oper Graz am 22. Jänner 2011) am 06. Oktober wurde sie mit viel Erfolg 35 Mal gespielt. Immer ausverkauft! Ein Denkanstoß für den Direktor der Wiener Oper!

Ein Sessel und mehrere rote Vorhänge genügen als Bühnenbild, was das Regiekonzept von Peter Konwitschny bestens unterstreicht: Straff geführte Handlung, einige Szenen radikal gekürzt, Konzentratrion auf die beiden Protagonisten Violetta und Alfredo. Die bis ins kleinste Detail durchdachte Personenführung verstärkt das Drama der beiden wie unter einer Riesenlupe. Man bleibt gepackt vom Anfang bis zum Ende. Galina Cheplakova bietet alles für die Rolle: Sie überzeugt mit ihrem klaren Sopran und ihrer sensiblen Schauspielkunst. Ihr gegenüber hat Peter Konwintschy einen schüchternen, fast tollpatschigen Alfredo gestellt, von Alexey Neklyodov bis zur Selbstaufgabe und Hingabe gesungen und gespielt. Sein schmiegsamer Tenor kann alles: schüchtern flehen, die Liebe als einzige Daseinsform einfordern und leben, wüten und auch ganz feige sich vor der Sterbenden zurückziehen. Da gibt es Momente, die den Atem stocken lassen: Violetta zögert, soll sie sich auf die Liebe einlassen. das Herz will es, der Verstand weigert sich. Bei diesem berühmten Duett steht sie allein auf der Bühne, Alfredo singt machtvoll aus der Tiefe des Zuschauerraumes sein lockendes, forderndes „croce bellissima“. Überraschend neu gestaltet Konwitschny die Szene zwischen Violetta und Giorgio Germon, dem Vater Alfredos. Um seine brutale Forderung, Violetta müsse auf Alfredo verzichten, moralisch abzusichern, bringt er die Tochter, die verheiratet werden soll, mit. Doch die beiden Frauen schließen sich gegen den Vater zusammen – so wird aus dem „liebenden Vater“ ein brutaler Erpreser. James Rutherford gibt diesem janusköpfigen Moralisten seine mächtige Stimme!

Das Ende gestaltet Konetschny brutal und schonungslos die Männerwelt demaskierend.: Violetta stirbt allein, Alfredo und der Vater ertragen es nicht, Violetta bis zum Ende beizustehen. Sie ziehen sich zurück und betrauern sie aus dem Off des Zuschauerraumes. Die kämpferisch für Frauen sich einsetzende Direktorin der Volksoper Wien, Lotte de Beer, hätte mit diesem Ende ihre Freude!

Violetta geht mit dem Rücken zum Publikum in den Bühnenhintergrund – eine schmale, schutzlose Gestalt. Das Licht verlischt, ganz langsam schließen die Vorhänge. Mit frenetischem Applaus erlöst sich das Publikum aus dem Bann dieser packenden Sterbeszene.

Matteo Beltrami leitet die Grazer Philharmoniker mit Feingefühl durch das musikalische Drama, immer mit den Sängern im Einklang!

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