In einer Fassung von Mateja Koleznik. Deutsch von Anja Wutej
Nicolai Gogol wollte nie als der Schreiber von Leichtkomödien angesehen werden. Und so steht auch im Programmheft deutlich zu lesen: „Dass das Publikum den Revisor als bloße Unterhaltung, nicht aber als Tadel der eigenen Verhaltensmuster auffasste, betrübte Gogol noch lange Zeit“
Im Dunkeln ist gut munkeln, dachten sich wohl Regisseur Mateja Koleznik und Klaus Grümberg, der für Licht und Bühne verantwortlich zeichnet. Warum in der Mitte eine Art Raumrakete steht, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Die in den Turm eingebaute Toilette spielt eine wichtige Rolle, ein paar Stufen führen in eine nicht zu deutende Räumlichkeit. Bei Bedarf dient die Rakete als Wirtshaus oder als Bürgermeisteramt. So weit -so dunkel.
Gleich zu Beginn weiß der Zuschauer, auf welche Reise uns der Regisseur führen wird: In die Slapstickmaschinerie eines Stan Laurel und Oliver Hardy. Aus der Rakete, die offensichtlich auch einen Hintereingang hat, stolpern der Reihe nach die Figuren des Spiels. Alle müssen über irgendein Hindernis auf dem Boden hinklatschen. Stolpern und Hinfallen ist eine Hauptaktion im ersten Teil. Weiters sieht die Choreographie einen Tanz mit Stühlen und Sesseln vor, der lange dauert und immer wieder von Neuem beginnt. Höhepunkt des Unsinns ist die Besäufnis. Tabledance und Stürze vom Tisch, lallen und grölen soll das Publikum und den Pseudorevisor bei Laune halten. Doch es wirkt nicht, weil aufgesetzt und gekünstelt.
Im zweiten Teil nimmt das Stück Fahrt auf und nähert sich den Intentionen Gogols: Die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, von den Noblen bis zum kleinsten Kriecher zu geißeln. Und wenn alles im Sinne Gogols läuft, dann müsste sich das Publikum auch gleich mitgegeißelt fühlen. War aber nicht der Fall: Die Lacher lachten nicht über sich selbst, sondern nur über die gekonnte Persiflage der damaligen Zeit. Wieviel und ob man das Spiel als heutiges empfand, mag bezweifelt werden. Es ist jedoch müßig zu erwähnen, dass Korruption, Speichelleckerei, Vernaderei und Kuppelei ein sehr heutiges Thema ist.
Die Qualitäten der einzelnen Schauspieler und Schauspielerinnen kamen im zweiten Teil erst so richtig zur Geltung: Roland Koch gibt den schmierigen, oberkorrupten Bürgermeister, der glaubt, das Spiel und die Dorfbewohner in der Hand zu haben. Seine eitle Dummheit ist grenzenlos, er merkt nicht einmal, dass ihn Chlestakov, der Pseudorevisor, längst durchschaut hat und ihn und alle anderen ordentlich ausnimmt. Tim Werths als vermeintlicher Revisor spielt sein Spiel mit den Menschen, ist selbst der am meisten Bestechliche. Allerdings fehlt seiner Darstellung die Doppelbödikeit und die nötige Durchtriebenheit, die sein Diener (Oliver Nägele) weit besser drauf hat. Weit überzeichnet und der totalen Lächerlichkeit preisgegeben hat der Regisseur die Rolle der Tochter des Bürgermeisters (Lola Klamroth) Sie wird zur halbdebilen Stummen degradiert, die mit vorgewölbten Hüften durch die Gegend stakst und seltsam gymnastische Verrenkungen ausführt. Differenzierter schon Andrea Wenzl, die eitle Ehefrau des Bürgermeisters. Köstlich ihr Sexhunger, mit dem sie sich über den jungen Kandidaten stürzt. Unter den vielen Bürgern dieser Kleinstadt, die ihre Rollen alle ganz ordentlich spielen, sticht besonders Martin Schwab hervor. Er torkelt als schwerhöriger Alter, sein Herrenhandtascherl schwenkend, durch die Gegend und sorgt für ehrliche Lacher. Martin Schwab kann man ja die unnötigsten Rollen geben, er macht aus allen eine Figur!
Der Abend endet so, wie der Regisseur es wohl erwartet, aber nicht verdient hat: mit reichlichem Applaus für die Schauspieler.