Medea. Burgtheater

Medea, Simon Stone nach Euripides

Am besten, man vergisst vom Anfang an Euripides und Grillparzer. Denn diese Medea hat nur peripher mit der antiken Figur zu tun: Sie ist mit einer Memme verheiratet, hat mit ihm zwei Kinder, ist rasend auf die junge Geliebte eifersüchtig, bringt sie um, zündet Haus, Kinder und sich am Ende an. Ihr Mann bleibt fassungslos über.

Hat man als Zuschauer erst einmal die tragische Figur der Medea aus dem Gehirn verbannt und sich auf Anna, Ärztin und psychisch sehr labil (Caroline Peters) eingestellt, dann erlebt man einen spannenden Abend, dem allerdings die Fallhöhe, die tiefe Tragik einer antiken Figur fehlt. Es ist ein Ehedrama, wie man es zwar nicht alltäglich (Gott sei Dank) erlebt, aber das Grundschema – Frau wird für eine jüngere Geliebte stehen gelassen und reagiert heftig – ist ziemlich häufig. Stone bricht die Tragik ins Verstehbare hinunter, verankert die schaurigen Taten Annas in ihrer gekränkten Eifersucht und banalisiert sie so.

Stechend weiße Mauern, an denen das Auge keinen Halt findet, umgeben die Figuren. Sie tauchen auf, verschwinden im Nichts, Schemen ihrer eigenen Persönlichkeit. Regie (Simon Stone) und Bühnenbild (Bob Cousins) setzen konsequent auf klinisch-kaltes Ambiente.

Anna wird aus der psychiatrischen Anstalt entlassen. Ihr Mann (Steven Scharf) erwartet sie. Der distanzierte Dialog zwischen den beiden wird über ein Video übertragen -man erlebt die Hoffnung, dann die langsame Enttäuschung Annas, die auf einen Neuanfang gehofft hat. Caroline Peters spielt diese nervige Anna ganz grandios.

Spannung baut sich auf

In der ersten Hälft zieht sich die Handlung dahin, von unnötigen Passagen unterbrochen und in ziemlich abgehackten und banalen Dialogen erstickend. Ab der Mitte wird es dicht. Anna und Lukas sind im innersten Kampf und wir erfahren, dass Anna als Wissenschaftlerin auf die Lorbeeren ihrer Forschung zu Gunsten ihres mittelmäßig begabten Mannes gerne und aus Liebe zu ihm verzichtete. Doch er dankte ihr es nicht, sondern machte sich an die Tochter des Firmenbesitzers (ziemlich farblos: Mavie Hörbiger) heran. Von da an rast Anna und rastet aus. Vergiftet so peu à peu ihren Mann (schon ziemlich heftige Eifersucht!, aber solche Eifersuchtsaktionen sollen ja häufiger vorkommen als man gemeinhin annimmt), kämpft verbissen um Mann und Kinder. Wie Caroline Peters diesen Kampf konsequent bis zur Raserei darstellt, ist große Schauspielkunst. Steven Scharf als ihr Mann Lucas (für den erkrankten Meyerhoff) ist die ideale Besetzung: Feige, immer ausweichend, hoffend, dass sich Anna verständig zeigen wird. Der furiose Schluss beeindruckt: Anna bedeckt sich und ihre Kinder mit Asche, die langsam von oben herabrieselt.

Lange Applaus und für Caroline Peters viele Bravorufe

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