Heimito von Doderer: Die Strudelhofstiege

Theater in der Josefstadt

Regie: Janusz Kica, Bearbeitung: Nicolaus Hagg

Noch ist der Dramaturg nicht geboren, der eine spannende, stringente Fassung der Strudelhofstiege verfassen kann. Der müsste ein Genie sein. Nicolaus Hagg ist zwar ein erfahrener „Bearbeiter“ und hat auch für Reichenau (im Südbahnhotel) vor Jahren ein Fassung erarbeitet, aber auch die war sperrig, um nicht zu sagen langweilig. Das lag sicher nicht an ihm.

Nun nochmals in der Josefstadt. Man fragt sich für wen? Für Leute, die wie ich, den 1000-Seitenroman immer nur angefangen und ihn nach 50 Seiten ermattet weggelegt haben, ist diese Theaterfassung keine Aufmunterung, ihn doch einmal zu lesen. Für die versierten Dodererfans – und davon soll es ja einige geben – keine Bestätigung ihrer Begeisterung. Sie werden sich fragen: Cui bono?

Also das Beste, was man über diesen Abend sagen kann: die Schauspieler bemühen sich! Und das kommt eigentlich einem Negativurteil gleich. Da steht ein Melzer (Ulrich Reinthaller) ziemlich rat- und empfindungslos am Rande der Bühne und sieht dem Treiben der Reichen und Verwöhnten zu. Sie müssen sich Emotionen schaffen, am Besten, man klettert auf die Rax, da gibt es wenigstens den klitzekleinen Kitzel der Gefahr. Das war noch vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges. Danach ist die ganze Gesellschaft monitär und auch sonst sehr reduziert. Die Frauen mehr hysterisch als zuvor, die Männer teils melancholisch wie Melzer oder verzweifelt. Man spricht nicht wirklich miteinander, sondern murmelt gescheite Stehsätze vor sich hin. Manchmal hat eine, zum Beispiel Etelka (Pauline Knof), orgiastisch-hysterische Ausbrüche und schleckt alle Männer, die sie ergreifen kann, mit ihrer gierigen Zunge ab, bevor sie sich umbringt. Hysterie, die eher peinlich wirkt. Dazwischen die „Geistfigur“ des Major Laske (Roman Schmelzer), der eigentlich tot ist, aber vom Rande des Geschehens seine Kommentare abgibt. Als sich das gnädige Dunkel über die Bühne senkt, sind alle froh. Die Rätsel des Romans bleiben mir, der Nichtdoderer-Leserin, ungelöst. Wahrscheinlich auch denen, die schon in der Pause das Weite gesucht haben.

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