Sie müssen vor den Vorhang! – die Ideengeber und Kuratoren dieser für das Museum innovativen Ausstellung: Andreas Kugler, Jasper Sharp, Stefan Weppelmann, Andreas Zimmermann.
Und natürlicher die Ausstellungsgestalter: Dani Mileo, Joris Nielander (Tom Postma Design, Amsterdam)
Diese Ausstellung überrascht, fasziniert und begeistert durch das Unerwartete! Nichts in den vier Sälen entspricht dem üblichen Ausstellungsklischee. Schon die immens vergrößerte Skulptur des Hörrohrs im Halbstock (John Baldessari) ist ganz und gar ungewöhnlich: Ruft man laut in das Rohr hinein, so hört man Musik des ertaubten Giganten. Vielleicht schaut deshalb die Büste des Kaisers ein wenig grantig drein, denn in keinem hehren Museum darf man schreien, schon gar nicht laut.
In Zusammenarbeit mit dem Musikverein entstand dieses einmalige Erlebnis von Synästhesie. Schauen und Hören verbinden sich, und man ist sofort gefangen von den unterschiedlichsten Gefühlen und Eindrücken. Noten wirbeln computereingefangen über die Zeichnungen von Jorinde Vogt. Vom Plafond hängt die geheimnisvolle Skulptur eines zertrümmerten Klaviers der Künstlerin Rebecca Horn. Die kaputten Tasten fahren mit einem ziemlichen Knall heraus – als hätte Beethoven gerade voller Wut auf das Instrument eingehämmert. In der Mitte steht prominent die Skulptur von Rodin „Das eherne Zeitalter“. Da mag man sich fragen, welchen Bezug sie zu Beethoven hat. Sich fragen, sich wundern, bewundern ist in dieser Ausstellung die Maxime. Alles darf gedeutet werden. Nicht beliebig, sondern mit Sorgfalt und Bedacht ist hier einem Genie und seinen genialen Zeitgenossen nachzuhorchen. Bei den Klängen der „Waldsteinsonate“ und der letzten Klaviersonate in c-moll op.111. Mit welcher Wucht und innerem Kampf Beethoven seine Kompositionen zu Papier brachte, erkennt man in den Originalnotenblättern: wild, wütend, durchgestrichen, überschrieben, ausradiert. (Alles Saal I)
Saal II: Stille
Fotos: Silvia Matras
Bild rechts:Jan Cossiers: Prometheus. Fotocredit: Photographic Archive Museo National del Prado, Madrid
Im abgedunkelten Saal der Stille leuchten die Bilder in zweifacher Form: real von den Wänden und im Bodenspiegel. Es ist die Stille des Staunens, der Ehrfurcht vor der Größe des/der Genies. Magie erstrahlt und lässt jeden verstummen vor der Wucht des Eindrucks, wie aus Dunkel das Helle der Werke hervorstrahlt: Der machtvolle Prometheus, der Feuerbringer, der Menschenermöglicher, dann die boshaften Caprichos Goyas, der ebenso an Taubheit litt wie Beethoven und ebensolche genialen Werke aus seinem Leiden heraus schuf. An der Stirnwand fährt ein Eisbrecher durch das wässrige Eis, über das ein Mensch marschiert. Er scheint mit kraftvoller Ruhe das Schiff zu ziehen. Es ist der Künstler selbst, der sich dem Risiko Tod aussetzt und dabei filmen lässt. Wie ein Schritt aus der Idee hinaus in die nüchterne Realität: das originale Hörrohr Beethovens. Sich vorzustellen, welche Qualen es ihm verursachte! In der Stille dieses Raumes bekommt der Laie eine leise Ahnung von der Wucht, die den Künstler zu seinem Schaffen zwingt.
Saal III
Oben, in der Kuhle zwischen Decke und Wand, läuft das Bekenntnis Beethovens zur Natur als sinnstifende Lebenskraft: „Wie froh bin ich einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können. Kein Mensch kann das Land so lieben wie ich- geben doch die Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht.“ – Den Widerhall der Natur“ kann Beethoven in seiner Seele hören, aus ihm schöpft er Kraft. Diese machtvolle Quelle setzt er um. Dazu sollte man Teile der 3. Sinfonie hören – aber leider, viel zu leise. Schade.
Saal IV – der Saal der Ver-Wunderung
Zwei Künstlerinnen reden und tanzen – „Beethoven bewegt“? – eine Minimalperformance zu einer vom Zuhörer ungehörten Musik. Verwundern darf sein. Vorher konnte man ausgiebig bewundern.
http://www.khm.at und http://www.beethovenbewegt.at
Die Ausstellung ist noch bis 24. Jänner 2021 zu sehen. Unbedingt ansehen!!