Martin Sherman: „Rose“ mit Andrea Eckert. Theater im Nestroyhof Hamakom

Regie: Ruth Brauer-Kvam

Auf der fast leeren Bühne sitzt Rose, streicht leicht über den Kopf des hölzernen Schaukelpferdes, faltet ein Blatt Papier zu einem Schiffchen und erzählt ihr Leben. Es wird keine ruhige, gefasste Rückerinnerung, sondern ein wieder erlebter Leidensweg. Das Mädchen Rose wächst in einem jüdischen Dorf irgendwo zwischen Polen und Russland auf. Das Leben ist nicht leicht, aber ruhig. Der Vater vegetiert im Bett, die Mutter schuftet, um die Familie durchzubringen. Dann die Vertreibung. Rose und ihr Bruder finden sich im Warschauer Ghetto wieder.

Mit schlichten Worten erzählt Rose das Grauen dieser Zeit. Die Überfahrt ins ersehnte gelobte Land Palästina gelingt fast, da zwingen die Briten den Kapitän abzudrehen und Fahrt nach Hamburg zu nehmen. Nach vielen Glücks- und Unglücksfällen und nach dem Verlust dreier Ehemänner findet sich Rose in Maiami wieder und führt recht erfolgreich ein Hotel. Ihr Sohn ist nach Israel ausgewandert, heiratet, trennt sich von seiner Frau. Der Enkel tötet in einem Straßenkampf ein kleines Palästinensermädchen. Rose hält für dieses Mädchen Schiv’a (Totenwache), wie sie es schon für so viele geliebte Menschen tat, die sie verloren hat. Betäubt von der Erkenntnis, dass Frieden nicht sein wird.

Das Leben dieser Rose, die es aus einem armen jüdischen Dorf bis nach Amerika verschlägt, könnte auch eine ERzählung von Joseph Roth sein. Vieles erinnert an den Roman „Hiob“. Ähnlich wie Hiob muss Rose die Höhen und Tiefen stellvertretend für das jüdsiche Volk durchleben. Martin Sherman packt die Leiden vierer Generationen in einen eindringlichen Monolog ohne Aussicht auf Versöhnung.

Andrea Eckert gibt der Figur Rose mit unglaublicher Intensität Wahrhaftigkeit. Sie ist für zwei Stunden dieses Mädchen, diese Frau, die für ihre Lieben Totenwache hält, die im Kanalsystem von Warschau dem Konzentrationslager entkommt. Mit feinem Humor und einer ausdauernden Liebesfähigkeit überlebt Rose, überlebt Andrea Eckert. Zwischen der Figur Rose und der Schauspielerin passt nicht einmal ein Blatt Papier.

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