Edward Albee: Die Ziege oder Wer ist Sylvia

Regie: Elmar Goerden, Bühnenbild: Silvia Merlo, Ulf Stengl, Kostüme: Lydia Kirchleitner

Eine fein gesponnene Komödie, die so manchen Zuschauer verstört: Da liebt einer eine Ziege! Soll das ernst gemeint sein! – Nein, ganz und gar nicht, alles nur ein Spiel im Spiel, wenn man dem Hauptdarsteller nur genau zuhört und zusieht. Da feiert der „Stararchitekt“ Martin (Joseph Lorenz) seinen 60er! Er ist berühmt, lebt in einer Art kühlen, nichtssagenden Penthouse?- Wohnung. Alles clean, nur ein paar vielleicht kostbare Masken an den Wänden. Seine Ehe mit Stevie (Sandra Cervik) gilt als glücklich, nirgendwo nicht einmal der kleinste Seitensprung. Der noch immer pubertierende Sohn Billy (Julian Valerio Rehrl) hat alle Freiheiten und latscht frustriert mit Kopfhörern durch den Raum. Soweit alles gut – oder doch nicht? Martin spielt ein wenig den Alzheimer an, tut so, als ob er Namen und Ereignisse vergisst – ganz offensichtlich lotet er die Geduld seiner Ehefrau aus. Die reagiert, wie es sich für eine glückliche Ehefrau gehört: geduldig und gelassen. Also mit diesem Trick kann er sie nicht auf die Palme bringen und das Glückseis ein wenig aufbrechen. Daher treibt er das Spiel auf die Spitze und gesteht seinem Freund Ross (Michael Dangl) in einem nicht stattfindendem Interview (der Interviewte verweigert passende Antworten), dass er in eine Ziege verliebt sei. Schock, Schock, Ross flüchtet und teilt dieses unmögliche Geständnis – wie Martin es erwartet und lanciert hat – prompt der Ehefrau mit. Dann geht die erwartete Schlacht los. Vasen, Masken und Souvenirs fliegen durch den Raum, die brave Stevie zuckt aus, stößt den Urschrei des Entsetzens aus. Alles kippt – ganz so, wie es der Spielleiter Martin erwartet hat. Nur eines hat er in diesem teuflischen Spiel nicht berechnet: Dass er seine Frau und seinen Sohn ins Tiefste verletzt und dass er selbst unter dem Spiel fast dabei zugrunde geht.

Diese Feininterpretation lässt sich aus dem subtilen Spiel von Joseph Lorenz gut herauslesen. Er agiert mit Ironie, mit der spürbaren Distanz zum Geschehen und zu den Menschen um ihn herum. Selbst zu seiner Frau. Denn ihr gegenüber braucht es kühlen Kopf, er will das alteingefahrene Spiel der perfekten Ehe aufbrechen und neu aufstellen. Dabei aber übersieht er, dass er zu weit gegangen ist und dass er nicht nur die Menschen, die er liebt, gefährdet,, sondern auch sich selbst. Atemlos sieht man Lorenz zu, wie er verfällt, gleichsam auf der Bühne um Jahre altert, als er das Scheitern seines Spiels erkennt. Einfach große Schauspielkunst. Das Stück gelingt auch deshalb, weil auch die anderen Mitspieler intensiv in die Rolle einsteigen. Vor allem aber auch deshalb, weil Elmar Goerden sich von allen Regietheatermätzchen fern hält. Er vertraut auf die Kraft des Autors, der eine fiese Komödie perfekt durchexerziert, und auf die Kraft der Schauspieler.

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