Aischylos: Die Perser. Akademietheater

Michael Thalheimer gilt als radikaler Regisseur, der tief in das Fleisch eines Stückes schneidet. Seine Inszenierungen an der Burg – Elektra von Hofmannsthal oder Jelineks Schutzbefohlene – tragen den Stempel eines unerbittlichen Regisseurs, der bis an die Grenzen geht. So auch in „Die Perser“ von Aischylos. Auf der kahlen Bühne (Olaf Altmann) schreitet Atossa, die Mutter des König Xerxes und Witwe des Darius, (Christiane von Poelnitz) in einem Goldgewand mit langer Schleppe langsam an die Bühnenrampe. Dort verharrt sie lange, reglos. Sie strahlt Macht aus, schließlich ist sie die Mutter des Perserkönigs Xerxes. Dann beginnt der Chor des Ältestenrates -gesprochen von nur einer Person, nämlich Falk Rockstroh, die Lage des Reiches zu bejammern: Nur mehr Frauen, Alte und Kinder sind über, alle wehrfähigen Männer des Reiches sind mit Xerxes in den Krieg gezogen. Noch immer bleibt Atossa ruhig, fragt nicht. Steht, wartet, wissend, dass das Schicksal – oder die Götter – bitter zuschlagen wird. Ihre Ahnung bestätigt sich: Ein Bote (Markus Hering) bringt die Kunde von der Vernichtung des Heeres. Nur wenige sind davongekommen, darunter auch Xerxes. Nach einer Klage des toten Darius (Branko Samarovski) über die Hybris seines Sohnes, der durch sein unbedachtes und überhebliches Handeln das Heer in den Untergang geführt hat, erscheint Xerxes. Nackt, blutüberströmt schleppt er sich vor zur Mutter, die ihn in sprachloser Starre auf ihren Schoss nimmt. Unter langandauernden Neinrufen des Altenrates versinkt das Bild der Pietà vor den Augen des Publikums.

Was diese Aufführung so besonders auszeichnet, ist die grandiose Sprachdisziplin aller Schauspieler. Die Bearbeitung-Übersetzung von Durs Grünbein erfasst sehr gut den Rhythmus, sagen wir salopp den Sound der griechischen Tragödie. Diesen aufzunehmen und immer verständlich zu bleiben, ist der eine große Verdienst der  Aufführung. Dass die Schauspieler den Text bis an die Grenze des Erträglichen ausspielen, ohne in hohles Pathos zu verfallen, wie das oft bei griechischen Tragödien passiert, ist der zweite große Verdienst. Dass keine moralischen Floskeln über Gut und Böse gedroschen werden, sondern der Krieg in seiner unfassbaren Wucht dargestellt wird, ist der dritte Verdienst – des Regisseurs. Ob das nun von Aischylos als Antikriegsdrama geschrieben wurde oder nicht, wie im Programmheft heftig diskutiert wird, ist nicht wirklich von Belang. Der Krieg, ausgelöst von einem unberechenbaren Herrscher wie Xerxes einer war, lässt an andere politische Figuren – vergangene wie Hitler oder gegenwärtige wie Trump – denken.

Sehr sehenswert.

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