Nachmittag eines Fauns. Musik: Claude Debussy
Choreographie:Boris Nebyla
Es tanzten: Tainà Ferreira Luiz und Felipe Vieira
Ein Faun, der kein Faun ist, eine Nymphe, die keine Nymphe ist. Statt des Waldes ragten schwarze, hohe Latten empor. Boris Nebyla löste die Figuren von ihren antiken Fixierungen ab. Felipe Vieira im Nudekostüm war einfach ein Junge, eventuell ein junger Mann, der sein sexuelles Verlangen austanzt, sich nach einer Partnerin sehnt. Ohne Scham öffnet er sich, wird geil. Tainá Fereira Luiz ist keine scheue Nixe, höchstens etwas schüchtern. Doch bald passt sie sich den verlangenden Bewegungen an, die Vereinigung wird vollzogen. Hervorragend, wie die beiden diese heikle Partie tanzen! Voller Energie, voller Lust auf Deutlichkeit, ohne peinliche Pornographie.
Maurice Ravel: Bolero
Choreographie, Bühne und Licht: András Lukács
Es tanzte: Das Ensemble
Zehn Tänzerinnen und zehn Tänzer in langen, schwarzen Röcken tanzen (mit nacktem Oberkörper die Männer, mit Nudeoberteil die Frauen) im scheinbar ewig gleichen Schritt. Wie in einem Menuett mit streng festgelegten Figuren formen sie Kreise, die sich zu Spiralen auflösen, sich wieder schließen, um gleich darauf Linien zu bilden. Eine Choreographie, die vom Ensemble allergrößte Exaktheit verlangt, die allerdings nicht immer gelang. Aber der Gesamteindruck überwältigte!
Carl Orff: Carmina Burana
Choreographie: Vesna Orlic, Bühne und Kostüme: Alexandra Burgstaller
Diese freche und originelle Choreografie und Interpretation wird sicher in die Musik- und Ballettannalen eingehen. Unter dem Regime der alles beherrschenden Fortuna ( sehr gut: Martin Winter) entfaltet sich die Palette von Leiden und Freuden, die das menschliche Leben ausmachen: Die Liebe, die Eifersucht herrschen in der Jugend und bestimmen die Handlung. Das Trio Taina Luiz als Ehefrau, Felipe Vieira als Ehemann, der von der roten Schönheit (Kristina Ermolenok) gekonnt verführt wird, sind die Protagonisten des Mittelteils und des Finales und überzeugen mit ihrem großen Können. Eine berührend schlichte Brautszene tanzen Mila Schmidt (junges Mädchen) und Keisuke Nejime (junger Mann). Höhepunkt ist die Szene in der Taverne. Die Säufer und Vielfraße sind Mönche, die das Leben in allen Untiefen auskosten. Alles unter dem Kreuz, das über der reich gedeckten Tisch hängt. Herzzerreißend jammert der Schwan, getanzt von Samuel Colombet. Er wird brutal geschlachtet und verspeist. Fortuna beendet mit einem fulminanten Tanz das tolle Menschentreiben. Sie bestimmt über das Leben, wie es ihr gefällt.
Tosender Applaus, auch für den Chor und den Kinderchor der Volksoper, für das Orchester und den Dirigenten Guido Mancusi. Natürlich ganz besonders für die fulminanten Leistungen der Tänzer und Tänzerinnen. Warum liest man nie ihre Namen auf den Programmzetteln der Staatsoper? Wo ja mit dem Abgang von Vladimir Shishov vor allem Tänzer von seiner Bühnenpräsenz fehlen. „Junge Prinzen“ gibt es genug an der Staatsoper. Sobald aber eine Charakterfigur gebraucht wird, wird die Auswahl dünn.
„Carmina Burana“ ist noch am 8. 14., 23. und 27. Februar zu sehen.