Italiens Städte werden von einer innerliterarischen Seite durchleuchtet. Augias stöbert in den Werken der Literaten, in Briefen, in Büchern von Philosophen und entwirft zwar kein neues Bild auf Städte wie Rom, Palermo, Neapel, Mailand oder Venedig, aber doch gelingen ihm unübliche Blickwinkel. So weiß man zum Beispiel, dass Palermo ein kultureller Schmelztiegel aus Abendland, Islam und der griech.-byzantisnischen Welt ist, aber dass die Stadt vom Todesgedanken – inklusive Mafia – beherrscht wurde und wird, ist vielleicht nicht allen bekannt. Die Gesellschaft Roms stellt er als eitel, geschwätzig und oberflächlich dar. Interessant ist die Momentaufnahme Neapels aus den letzten Tagen der deutschen Besetzung. Da bewiesen die Bewohner Mut zum Widerstand, und zwar alle – vom Adeligen bis zum Straßenjungen. Doch dieses Aufflackern eines Stolzes verkam zu einem schäbigen Anpassen an die Befreier. Mailand wiederum definiert der Autor über die Geburt des Regietheaters unter Strehler. Mit den politisch brisanten Brechtaufführungen setzte Strehler wichtige gesellschaftliche Zeichen, die heute leider keine Wiederholung finden.
„Die Wahrheit über Italien“ oder die Geheimnisse Italiens hat auch Augias nicht ans Tageslicht bringen können. Denn wo liegt die Wahrheit einer Stadt oder gar einer Nation?? Das sind zu hoch und zugleich zu vage gesteckte Ziele. Aber für alle Italieninteressierte ist dieses Buch eine Bereicherung. Denn der Autor scheut sich nicht vor harter Kritik, die er zwar meist anderen – Literaten, Theater- oder Staatsmännern – in den Mund legt. Kritk dem eigenen Land gegenüber ist allemal besser als eitle Nabelschau.