Drago Jancar: Wenn die Liebe ruht. Zsolnay Verlag

Aus dem Slowenischen von Daniela Kocmut

Seit dem Roman „Die Nacht, als ich sie sah“, schrieb sich Drago Jancar in die Liste der besten slowenischen Autoren ein. Im Jahre 1944 verschwinden eine junge Frau und ihr Ehemann spurlos. Nachforschungen ergaben, dass beide von Titopartisanen verschleppt und umgebracht wurden. Zum ersten Mal bringt ein Autor Licht in die verwirrende politische Lage Sloweniens vor und nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Der Roman hatte nachhaltige Wirkung.

Nun also war man auf den neuen, mit viel Vorschusslorbeeren bedachten Roman neugierig. Wieder befasst sich Jancar mit der Zeit um 1944, als Slowenien von den Deutschen besetzt wurde. In der Kleinstadt Maribor werden Nicht -Deutschstämmige und solche, die nicht für Hitler sind, ausgewiesen, in Lager geschickt oder gleich an die Wand gestellt. Partisanen formieren sich zum Widerstand, nur sehr wenig von den Bauern unterstützt. Denn diesen droht von der Gestapo Schlimmes, wenn sie Partisanen verstecken oder unterstützen.

Der geschickt ausgewählte Titel imaginiert, wie schon im ersten Roman, eine Liebesgeschichte. Die gibt es zwar, ist aber nur der dünne Faden, der die Spannung erhalten soll: Sonja und Valentin sind glücklich verliebt, solange bis er zu den Partisanen geht, geschnappt wird und von der Gestapo aufs Grausamste verhört wird. Sonja gelingt es, den verhörenden Offizier zu einer Freilassung zu „überreden“. Als Gegenleistung verlangt er eine Nacht mir ihr. Sie willigt ein, doch aus dem Koitus wird nichts – die Potenz des mächtigen Gestapomannes versagt vor ihrer kalten Unbeteiligtheit.

Valentin ist frei, aber unter Beobachtung der Gestapo. Zwischen ihm und Sonja ist etwas zerbrochen, er ahnt, um welchen Preis, den sie ja nicht wirklich zahlen musste, er frei kam. Verstummen der Liebe. Ab da wird das Buch eine fürchterliche Detailbeschreibung der Hölle, der Folter, der Ermordungen. Keiner traut mehr dem anderen, daher lieber ihn gleich umbringen: Angst und Argwohn, jeder verdächtigt jeden, mit (den genau beschriebenen Foltermethoden) will man „die Wahrheit“ seinem Gegner herausquetschen. Angst, Verrat, Hoffnungslosigkeit sitzen in den Seelen und haben Lebensfreude und Liebe ausgelöscht. Auch als der Krieg vorbei ist, geht das Morden weiter. Da ist der Leser bereits so erschöpft und deprimiert, dass er das Ende des Buches herbeiblättert.

Ist die krasse, detailreiche Beschreibung all der Grausamkeiten wirklich notwendig? Man respektiert, wie genau der Autor recherchiert, in den Archiven des Grauens nachgelesen hat. Das Bild, das er abliefert, gleicht einem Protokoll eines Gefängnisses, eines Lagers. Recherchen sind die eine Sache, daraus ein literarisch gültiges Werk zu machen, die andere. Dass Drago Jancar weiß, wie es literarisch auch anders funktioniert, zeigte er ja in dem Roman „Die Nacht, als ich sie sah“.

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