Regie: Elmar Goerden, Bühne: Silvia Merlo, Ulf Stengl, Kostüme: Lydia Kirchleitner
Wo Goerden draufsteht, da ist Klamauk – einige sagen: intellektueller Klamauk – drinnen. In seiner Bearbeitung der „Sommergäste“ hat er sich als „maître de plaisir“ ausgezeichnet. Das Premierenpublikum gröhlte vor Begeisterung – so liest man in einigen Kritiken. In der Aufführung am 25. April blieb die Hälfte des Parketts nach der Pause leer.
Aber jetzt ernstlich: Es ist ja wirklich lustig, wenn man fast das ganze Josefstadtensemble in Badehosen, Bikini oder Ganzkörperbadeanzug herumhopsen sieht, wenn sie in Mordlust oder Sexlust übereinander herfallen. Da wird gekreischt, gestritten, geflucht, gekichert, gefickt, geküsst – ganz pikant mti rotem Tischtennisball, den man sich gegenseitig in die Mundhöhle schiebt. Einige Tanzeinlagen sind gar nicht so schlecht, da schrammt Goerden knapp am Musical vorbei. Ja, und Sinn hat das natürlich auch. Denn schließlich hat Gorki sich dabei was gedacht: Es zeigt, wie selbstverliebt und verkommen die gehobene Mittelschicht war (gemeint 1904 und heute) und ist, sozusagen ein Totentanz auf Klamaukniveau. Das versteht ja jeder. A propos verstehen: In dem ganzen Gekreische und Durcheinander versteht man ja nicht allzu viel, aber wenn die Menschen auf der Bühne dann in den Hintergrund hineinreden oder sich gegenseitig irgendetwas zuflüstern, versteht man gar nichts. Muss man vielleicht auch nicht, oder?
Goerden kann aus dem Vollen schöpfen – das Ensemble macht alles mit, sogar bravourös. Michael Dangl genießt sichtlich seine Rolle als fieser Ehemann und noch fieserer Rechtsanwalt. Seine Frau Warwara (Alexandra Krismer) leidet geheimnisvoll und in Schönheit vor sich hin, woran erfährt man nicht. Köstlich ist Michaela Klamminger als düstere Gothic-Schreiberin. Ihre Parodie auf die Sentimentlyrik hätte sogar Ernst Jandl gefallen. Claudius Stolzmann als Wlas muss sich wie ein Kindergartenkind aufführen und sich dauernd verkleiden – warum, weiß man nicht so genau. Vielleicht, um mehr oder überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Silvia Meisterle gibt eine hysterische Funzen ab, ihr Mänadentanz ist eindrucksvoll. Susa Meyer als überforderte Mutter vierer „Gfraster“ streitet mit ihrem Ehemann auf Biegen und Brechen, um gleich danach einen lautstarken Orgasmus zu zelebrieren. Martina Stilp ist die lästige Besserwisserin, die allen Gästen mir ihren Mahnungen und Zurechtweisungen auf die Nerven geht, vor der eignen Tochter (pardon, seit kruzem Sohn) kapituliert. Das ist alles sehr zeitgeistig, manchmal witzig oder mäßig lustig.
Aber – was ist Gordon bei der Rolle Joseph Lorenz´eingefallen? Einen so hervorragenden Schauspieler zum stummen Geist zu degradieren? Er muss immer wieder pudelnass auf der Bühne „erscheinen“, nähert sich spuckend und erbrechend den Sommergästen und verschwindet. Soll das der Leibeigene, der Tod oder die personifiezierte Mahnung an die verlotterte Gesellschaft sein? Dass Lorenz auch diese Rolle mit Eleganz und Bravour meistert, ist eine Sache. Dass aber ein so exzellenter Darsteller solch eine Rolle spielen muss(?), ist Verschwendung von Talent. Das soll auch einmal deutlich gesagt sein!
Freundlicher Applaus mit dem üblichen Standardgekreisch.