Ernst Lothar, Die Rückkehr. Zsolnay Verlag

Ernst Lothar emigrierte 1938 in die USA und kehrte nach Kriegsende nach Wien zurück. In dem Roman verarbeitete er nun eigene Erlebnisse und Eindrücke ,. Seine Figuren legen Zeugnis ab von dem politischen, sozialen und seelischen Chaos, in dem man damals in Wien lebte: Da gab es immer noch die Nazis, die Mitläufer, die Sozialisten und Kommunisten und natürlich die Amerikaner als Besatzungsmacht. In dieses Chaos führt uns der Autor mitten hinein, ohne zu verurteilen. Das Buch ist ein Plädoyer gegen Hass, Wut, Neid und Vernaderei, gegen den nicht auszulöschenden Antisemitismus und gegen Ressentiments, die man in Wien nach 1945  gegen „Rückkehrer“ hatte.

Der Jurist Felix von Geldern und seine Familie sind 1938 in die Staaten emigriert. Nur seine Mutter blieb aus Liebe zu einem Nazibonzen zurück. Felix hat gerade die amerikanische Staatsbürgerschaft bekommen und er macht seiner Freundin Livia ein vages Heiratsversprchen. Er ist also Amerikaner geworden, aber nur auf dem Papier. Im Herzen ist er Österreicher, Wiener geblieben. Als seine Familie ihn beauftragt, nach dem Vermögen und den Immobilien der Familie zu sehen und Rückerstattung zu fordern, ist er sofort bereit, aufzubrechen. Begleitet wird er von der lebensklugen Großmutter Viktoria, die dem Leben gegenüber trotz ihres Alters und Herzleidens sehr positiv eingestellt ist. Sie wird Felix eine tatkräfige und entschlussfreudige Ratgeberin in Wien sein. Denn er selbst verstrickt sich mehr und mehr in alte Liebesgeschichten, Schuldfragen und kommt sogar  in den völlig absurden Verdacht, mit einem ehemaligen Nazi zusammengearbeitet zu haben. Und so erkennt Felix sehr bald: „Nichts passte zu nichts!“ Und er selbst zu niemandem mehr. Aber dennoch  geht er mit offenen Augen und wehem Herzen durch Wien, sieht das Elend der hungernden Kinder, spürt den Hass, der überall lauert und kann sich des Mitleids nicht erwehren mit den Menschen, die zurückgeblieben sind, egal, ob Mitläufer, Täter oder Opfer des Naziregimes. Der Hass, der die Menschen beherrscht, macht einen offenen, unverstellten Zugang unmöglich.

Ernst Lothar erzählt mit Gefühl und Herz. Des öfteren gleitet die Sprache ins Pathetische ab , weil der Autor sich der allzu großen Gefühlsaufwallung nicht erwehren kann. Etwa, wenn er den Spaziergang durch Grinzing oder den Blick auf die Donau und den Kahlenberg schildert. Dieses Abgleiten in starke Gefühle akzeptiert man, weil die Ernsthaftigkeit des Autors dahinter steht.

Der Roman zeigt den Riss, der nach 1945 stärker denn je durch die Bevölkerung Wiens (und Österreichs) geht. Ein Riss, der heute wieder spürbar ist. Deshalb ist „Die Rückkehr“ mehr als nur ein Roman, eher eine Mahnung, achtsam zu sein.. Denn leicht kann es sein, dass man die Kräfte unterschätzt oder gar nicht wahrnimmt, die den Riss verantworten zu haben.