Wo Andrè Schuen und Daniel Heide auftreten, da sind die Erwartungen hochgesteckt und werden auch zu hundert Prozent erfüllt, gilt doch der Bariton als einer der besten Liedinterpreten im europäischen Raum. Und Daniel Heide ist sein steter und congenialer Begleiter am Klavier.
So war es auch in dieser Matinee. Nur mit dem Unterschied, dass Schuen ohne Romantik- Mähne und Bart auftrat. Was ihn zwar äußerlich angepasster wirken ließ, aber seiner Interpretation keinen Abbruch tat. Für diesen Vormittag im Auditorium hatte er Lieder von Brahms und Mahler ausgewählt. Eine „schwere Kost“, wie vielleicht einige meinten und fern blieben. Die aber kamen, erlebten Andrè Schuen, der diesen Liedern über Leid, Tod und über die Liebe als Siegerin in die tiefsten Tiefen des Lebens folgte. Ohne Maniriertheit und künstliche Attitüden – ehrlich und überzeugend. Sein warmer Bariton ertönte voll bis in den Bass und schwang sich hinauf ins feinste Falsett – mühelos und ungekünstelt. Daniel Heise begleitete ihn auf dieser Liedreise mit Hingabe und Einfühlungsvermögen. Man spürte in jeder Phase die Seelengleichheit der beiden Interpreten.
Johannes Brahms komponierte die „Vier ernsten Gesänge“ im Mai 1896 als Totenopfer für Clara Schumann, die im Sterben lag. Es sind einfache Lieder, die vom Sterben, dem bitteren Tod und dem Leiden derer handeln, die „keine Tröster finden“. Aber die Liebe bewirkt Linderung, sie ist größer als Glaube und Hoffnung. Geschickt und mit Gespür für die richtige Wirkung wählte Andrè Schuen danach Kompositionen Gustav Mahlers nach Texten aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ und vollführte damit eine heftige Wende – thematisch und geangstechnisch. Nun war männlicher Soldatenstolz angesagt. Stolz zieht der Jungverliebte unter tralali, tralala in den Krieg ( „Revelge“). Doch er und seine Kameraden werden nur mehr als Gebeine unter tralali, tralala sich vor dem Haus der Liebsten einfinden. Grausig, bitter und stark sang Schuen dieses Lied männlicher Verblendung! Mit dem „Lied des Verfolgten im Turm“ sang ein Mädchen gegen den Revoluzzerstolz ihres Liebsten an, der im Kerker sitzt – ein spannungsgeladener Dialog. Feinen Humor ließ Schuen im „Rheinlegendchen“ aufblitzen. Der späte Mahler klang im bitteren Lied „Zu Straßburg auf der Schanz“ an. Leise, behutsam und mit Gefühl für die Stille zwischen den Tönen öffnete Schuen das Geheimnis des wundervollen Liedes „Urlicht“. Zart verhauchte er die letzten Worte “ ein Lichtlein…..wird leuchten mir bis an das ewig selig´ Leben“. Danach nochmals Johannes Brahms mit dem Lied für Clara Schumann „Wie bist du, meine Königin“, dann ohne Pathos ruhig und schlicht „Mondenschein“ (Text Heinrich Heine), wobei sich wieder zeigte, dass Schuen keine Angst vor Süße, Sehnsuchtsseufzen und Romantik hat. Alles ist ihm echt und erfühlbar.
Begeisterte Bravorufe verlangten nach einer Zugabe- wie so oft in seinen Konzerten sang er ein Volkslied auf Ladinisch aus seiner Heimat Südtirol.