Joseph Lorenz, Schon wieder: Die stillste Zeit des Jahres. Theater Akzent

Es häufen sich die besinnlichen und unbesinnlichen Lesungen und Musikevents rund um den Advent. Alles schon da gewesen, entweder triefend vor Kitsch und Schein- Heiligkeit. NICHT SO WENN LORENZ AUFTRITT. Wie alle Kenner der Szene wissen, ist er der „Maestro“ der Lesungen. Ich werde nicht müde, immer wieder zu betonen, dass „Lesungen“ für seine Abende der falsche Titel ist. Denn er liefert Theater,Kleinkunst vom Feinsten. Muss nicht seine Augen im Manuskript vergraben, sondern hält Kontakt mit dem Publikum, spielt gekonnt auf dem Klavier der guten Laune. So auch an diesem Abend:

Mitten in den Auftrittsapplaus überrumpelt er das Publikum mit einer Art Schimpflaudatio über den Avent: „Würsteldampf und Glühwein, Kerzen, Zimt und Sterne – Stress pur.“ Und dann die Frage: Was würde Jesus dazu sagen? Die Frage beantwortet er mir Jörg Hellmanns Gedicht , „Jesus hat Geburtstag“. Da will Jesus einmal seinen Geburtstag nicht im Himmel, wie üblich, sondern auf Erden bei „seinen Leuten“, die an ihn glauben, feiern. Doch enttäuscht und angewidert ruft er seine Mama im Himmel an: „Mama, es zieht mich nichts auf Erden, die Menschen wollen nichts vom Frieden hören, sie wollen nur noch Fernsehröhren!“ Zwischen den Texten konfrontiert das Publikum mit Fragen, die er gleich mit einem passenden Text beantwortet. Da mischen sich Pointen im Urwienerischen, etwa von Trude Marzig oder Joachim Ringelnatz. Darauf dann beührende Szenen, die in der Seele haften: O. Henry, Die Gabe der Weisen. Die Frau verkauft ihre Haarpracht, um mit dem Geld dem Geliebten eine goldene Kette für seine geliebte Taschenuhr zu schenken. Der hat jedoch die Uhr versetzt, um ihr goldglitzernde Haarspangen zu schenken…. Auf diese szenischen Miniatur folgt von Erich Kästner, Felix holt den Senf. In beiden Szenen ist es die Liebe, die ganz tiefe Liebe zwischen den Menschen, die das eigentliche Geschenk ist. Variantenreich, klug zusammengestellt, einmal amüsant, dann sentimental – im eigentlichen und guten Sinn de Wortes – dann nachdenklich stimmend verabschiedet er sich mit einem deftig – derben Weihnachtswunsch, ganz im urwienerischen, nicht salonfähigen Stil.

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