Olga Schnitzlers Talkshow mit Hugo von Hofmannsthal
Elisabeth-Joe Harriet mangelt es nie an ungewöhnlichen Einfällen, wie man Literatur interessant und neu aufbereitet dem Publikum servieren kann. Wobei ich das Wort „servieren“ ganz bewusst wähle. Denn in der Caféhausatmosphäre des „Steigenberger Hotel Herrenhof“ in der Herrengasse 10 im Zentrum Wiens wird tatsächlich Literatur mit Kaffee, Likör und der Herrenhoftorte serviert. Letzteres natürlich in der Pause.
Interessante Form einer TalkshowDie Idee ist neu: Die Autorin Elisabeth -Joe Harriet schlüpft in die Rolle von Olga Schnitzler, der Ehefrau Arthur Schnitzlers. Zeitpunkt des imaginierten Gespräches: Hofmannsthal ist tot, Schnitzler ebenfalls. Es bleibt offen, ob Olga das Interview als noch im Exil Lebende führt oder ebenfalls schon gestorben ist. Eher ist die Ausgangslage so: Beide sind tot, wissen um ihren Tod, das Interview findet unter diesem Blickwinkel auf die Vergangenheit statt. Dabei wird immer wieder zwischen den Zeiten hin- und hergeswitcht. Das ergibt ein amüsantes Gedankenspiel zwischen Realität und Spiel, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wobei die Gegenwart zwei Ebenen meint: Einmal die der Aktion – wenn Olga aus persönlichen Briefen und Tagebüchern vorlesen will, Hofmannsthal sich dagegen vehement wehrt. Olga aber weist darauf hin, dass bereits alles längst veröffentlicht ist. Dabei spielt die Autorin auch geschickt auf die zweite Ebene an : Die Indiskretion als Hauptantrieb in heutigen Talkshows. Im Wissen um das Schicksal beider Personen genießt das Publikum dieses Doppelspiel der Zeiten.
Ein wenig lang dehnt sich Olgas Befragung nach einzelnen Erfolgsstationen des Dramatikers Hofmannsthal aus. Da könnte man durchaus kürzen. Denn – um es unumwunden zuzugeben – spannend wird es gerade, wenn Olga auf Hofmannsthals Privatleben eingeht. Fragen nach seiner braven und gütigen Ehefrau Gertrud, die dazu da war, ihrem Dichtergatten das Alltagsleben zu erleichtern, nach seinen intensiven Freundschaften mit Männern, seinen Liebesbeziehungen – vielleicht rein platonisch – zu anderen Frauen. Hofmannsthal blockt all diese Fragen geschickt und empört ab. Olga setzt nicht nach. Schade, dachte ich.
Dass dieser literarische Nachmittag nicht in die Langeweile der heutigen weich gespülten Talkshows oder einer Deutschnachhilfestunde abgleitet, dafür sorgen die beiden Darsteller. Florian Sedivy in einer Hofmannsthal verblüffend ähnlichen Maske spielt den eitlen, begabten und sehr sensiblen – um nicht zu sagen „angrührten“ Dichterfürsten in Gestik und im typischen leicht raunzig-gezogenen Tonfall der Wiener Hautvolée um 1900. Harriet ist eine Dame, aber keine Salonière, aus dieser Zeit, mit deutlichen Attitüden einer forschen Interviewerin der Gegenwart.
Weitere Aufführungen: 10. Februar, 10. März, 14. April 2019, jeweils sonntags um 15h im Hotel Steigenberger Herrenhof.
Weitere Informationen:
http://www.elisabeth-joe-harriet.com