Konversationen im Herrenhof: Olga Schnitzlers Talkshow mit Joseph Roth

Olga Schnitzler: Elisabeth-Joe Harriet. Joseph Roth: Ralph Sami. Idee, Buch, Regie: Elisabeth-Joe Harriet

Heiter plaudernd marschiert das Paar in das (imaginierte) Café im Herrenhof ein: Olga Schnitzler im Midikostüm der Epoche, Joseph Roth im dunklen Anzug mit Fliege. Sie wundert sich über sein elegantes Auftreten, er darauf: „Wenn ich schon Urlaub aus der anderen Welt und wieder einen Körper habe, muss ich das ausnützen.“ Danach, ganz perfekte Gastgeberin. bietet ihm Olga Wasser an. Roth enttäuscht: „Nur Wasser? Sonst nix?“ Natürlich ist auch Wein da, er fragt nach dem Korkenzieher. Wird nicht mehr gebraucht – Drehverschluss. Staunen über die fremde neue Zeit. Solche Spielchen zwischen den Zeiten liebt Olga und spielt sie mit allen ihren Gesprächspartnern (Karl Kraus, Hofmannsthal, Berta Zuckerkandl). Nach diesem heiteren Geplänkel möchte sie mit seiner Geburtsstadt Brody beginnen, was er nicht so gerne hat. Brody wäre doch nur eine unbedeutende Provinzstadt gewesen. Da hält ihm Olga, die immer eifrig recherchierende, seinen eigenen Text über Brody unter die Nase: „Er lese ihn bitte vor“. Und während nun Joseph Roth liest, klappern draußen die Fiaker vorbei. Im Kopf der Zuhörer verschmilzt die Gegenwart zur aktuell sich abspielenden Vergangenheit, die Vergangenheit Joseph Roths: Die zerbrechliche Beziehung zu seiner Mutter, der nicht existierende Vater, der durch das Idealbild des Kaisers ersetzt wurde. sein Aufstieg zum gutverdienenden Journalisten und Romancier („Hiob“ war ein Riesenerfolg, tolle Verkaufszahlen). Roth: „Ja, ich habe mein Leben schön fabuliert!“ Doch früh schon die Erkenntnis, dieser Hitler ist eine große Bedrohung. Seine Liebe zu seiner jungen und schönen Frau Friederike, seine Selbstvorwürfe, sie in der Krankheit im Stich gelassen zu haben. Immer wieder Warnungen vor Hitler, dem Kriegstreiber,und schließlich 1933 seine Abreise ins Exil nach Paris. Dort endet die „Konversation“, Olga Schnitzler wollte keinen vom Alkohol zerstörten Schriftsteller dem Publikum zeigen, sondern das feinfühlige Sprachgenie, das so vieles mehr als alle anderen Zeitgenossen sah, verstand und in seinen Werken poetisch, dokumentarisch und journalistisch verarbeitete.

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