Kultursommer Semmering: Christine Lavant, Das Wechselbälgchen

Mit Maria Hofstätter. Musik: Franz Hauzinger – Trompete, Matthias Loibner – Drehleier, Peter Rosmanith – Percussion und Hang

Entgegen der allgemeinen Interpretation liest Maria Hofstätter die Erzählung nicht als Kritik oder gar Abrechnung mit einer abergläubischen Dorfgemeinschaft, sondern lässt die Liebe und das Verständnis. das Christine Lavant mir ihren Figuren hat, deutlich durchblicken. Den Abgrund in der menschlichen Seele und den Hang zur Grausamkeit liefern die drei Musiker mit dem gruseligen, scharrenden Sound. Ja, der Pfarrer versucht ihr die Freude an dem unehelich geborenen Kind als Sünde darzustellen. Gegen die tiefe Liebe der Bauernmagd Wrga (was für ein Name!) zu ihrem geistig zurückgebliebenen Kind kommt er nicht an. Zitha oder das Bälgchen, wie es von vielen genannt wird, ist von schlichter, glücklicher Natur, die auch andere glücklich macht. So auch die Keuschenkinder, die Zitha in ihre Spiele aufnehmen. Wären da nicht die bösen Einflüsterungen des Knechtes Lenz, der Wrga die Hochzeit verspricht unter der Bedingung, dass sie sich des Kindes „entledigt“ – also umbringt. Doch Wrga bleibt hart – sie liebt dieses Kind. Es wird geheiratet, Lenz wird ein angesehener Staatsangestellter. eine Tochter wird geboren. Er vergöttert Magdalena, sie ist sein Augenstern. Zitha darf ein Dasein unter dem Tisch fristen. Als er ganz perfide Zitha in das Waasser lockt, ist es Magdalena, die dabei fast ertrinkt. Doch das Wechselbälgchen rettet sie und geht dabei selbst unter. Im berührenden Schluss erzählt Lavant nochmal von der Kraft der Liebe – Lenz bereut und setzt dem ungeliebten Kind einen schönen Grabstein. Auf ihm sind die wenigen Worte, die dieses Kind stammeln konnte, eingraviert: IbindieMutter! Und sie wurde es – sie gab wie eine Mutter ihr Leben für Magdalena. Das liest Maria Hofstätter ohne Pathos, doch mit viel Hingabe an die Figuren. Sie interpretiert nicht, sie urteilt nicht, sie erzählt schlicht und wirksam.

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