Mephisto nach dem Roman von Klaus Mann. Burgtheater

Der Regisseur Bastian Kraft hat sich viel vorgenommen – in manchen Szenen zu viel.

Der Roman von Klaus Mann (Sohn von Thomas Mann) war in den 1920er Jahren mit dem Schauspieler Gustaf Gründgens befreundet. Seine Schwester Erika Mann war kurz sogar mit Gründgens verheiratet. Aus der Freundschaft wurde Distanz, um nicht zu sagen Verachtung. Verachtung für einen Mitläufer des Hitlerregimes. Daraus entstand der Roman „Mephisto“ – egal, ob Schlüsselroman oder nicht – die Hauptfigur Hendrik Höfgen ist Gustaf Gründgens.

Kraft bearbeitete den Roman für die Bühne und führte Sebastian Bruckner als Erzähler, Kommentator und Romanschreiber ein. Ein Trick, der gut aufgeht, denn  Bruckner wird, wie einst Klaus Mann, vom Freund zum Kritiker, bis er ins Exil verschwindet. (Klaus Mann begann den Roman 1936, da lebte er bereits im Exil)

Fabian Krüger spielt diese Figur äußerst feinnervig – dass Martin Kusej auf ihn verzichten wird, versteht keiner. Er ist wohl so etwas wie das Spiegelgewissen von Hendrik Höfgen und spielt die Rolle schillernd zweideutig – schleimig bis unterwürfig, dann wieder mahnend.

Höfgens auf der Bühne darzustellen – als Schauspieler einen Schauspieler zu spielen, ist nicht leicht. Nicholas Ofczarek spielt nicht, wie sonst meist, den Berserker, sondern einen eitlen, egozentrischen Menschen, der nur ein Ziel hat: seine Karriere voranzutreiben. Unterstrichen wird diese Streben nach oben an die Macht durch ein kluges Bühnenbild. Peter Baur stellt ein riesiges Laufband auf die Bühne, auf der sich Höfgen keuchend nach oben an die Rampe abmüht – immer in Gefahr zu stürzen oder gar abzustürzen. Was der Darstellung Ofczareks fehlt ist  Vielschichtigkeit und ein Schuss abgefeimte Dämonie. Er wirkt in manchen Szenen zu eingleisig.

Das Ensemble rund um ihn ist durchwegs gut bis großartig. Etwa Petra Morzé als Lotte Lindenthal, zuerst Geliebte, dann Ehefrau des „Ministerpräsidenten“ (also Göring). Verblüffend, wie nahe Kostüm und Maske (Annabelle Witt) aus Petra Morzé Lotte Lindenthal alias Emmy Göring macht. Es ist, als ob Morzé sich in diese selbstverliebte, plump-dumme Frau auf offener Bühne verwandelt – ein Effekt, der durch die riesige Vergrößerung ihres stark geschminkten Gesichtes auf Video grausam verstärkt wird. Wirklich unverständlich, dass der zukünftige Chef der Burg auch auf diese exzellente Schauspielerin verzichten wird!

Verstärkt wird das glänzende Ensemble durch Judith Schwarz, die mit ihrem Schlagzeug dem Drama Tempo vorgibt. Aber da sind wir auch schon beim Schwachpunkt des Abends: Bastian Kraft hat die Bühnenbearbeitung des Romans allzu breit und teilweise platt als Parallele zur Gegenwart ausgewalzt. In den politischen Monologen diverser Figuren müsste er radikal kürzen und weniger mit der Moralkeule (habet acht! – so war es einst, es könnte wieder so werden) arbeiten.

Mein Rat an zukünftige Zuseher: Zuerst den Roman lesen. Dann lösen sich viele Szenen klarer auf!

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