Peter Turrini: Der tollste Tag, nach Beaumarchais

Theater Scala.

Ein toller Tag ist, wenn tolles Theater zu sehen ist: Wenn Text, Inszenierung, Kostüme und vor allem Schauspieler einen vollen Erfolg garantieren!

Der Regisseur Peter M. Preissler hat sein feines Händchen für Komödien schon mehrfach bewiesen – z. B. in dem Stück „Umsonst“ von Nestroy. Dass Peter Turrini ein hervorragender Dramatiker mit einem Gespür für Humor und überbordende Komik ist. braucht hier nicht noch extra betont zu werden. Mit seiner Bearbeitung des gleichamigen Stückes von Beaumarchais beweist er wieder einmal meisterhaft, was „Bearbeitung“ wirklich heißt: Ehrfurcht vor dem Autor, aber genügend Witz und Mut zu Änderungen, bzw. Aktualisierungen. Entgegen aller anderen Figarobearbeitungen hält es Turrini mit einem krasssen Schluss: Figaro bringt in höchster Verzweiflung, weil ihm schon keine weitere List gegen diesen machtgeilen Graf Almaviva einfällt, dieses Monster um. Danach künden die herabfallenden Marionetten die Revolution an. Unterstrichen wird diese „Komödie“, die eigentlich ein traurig-komische Angelegenheit ist, durch die absurd-witzigen Kostüme der Nebenfiguren, wie etwa der Marcelline (selbstverleugnerisch gut Sibylle Kos), des Intriganten Bacillus, von Randolph Destaller zwischen einfältig und bösartig bestens verkörpert oder des bis zur Verblödung die Befehle des Grafen nachplappernden Dieners Raimund Brandner. Besondeere Leckerbissen des komödiantischen Könnens liefern Florian Lebek als Don Guzman di Stibiza, Richter seines Amtes, und ihm zur Seite Bernie Feit als Schreiber Zettelkopf. Hinter ihrem Spiel lauert die grausame Aktualität – die Korruption quer durch alle Sparten.

Die Hauptfiguren spielen in passender Alltagskleidung, denn ihr Spiel um Macht, versuchter List und Abwehr der Übergriffe sollen möglchst nahe der Normalität angesiedelt sein. Wenn Graf Almaviva sich ungeniert an Susanna (sehr gradlinig, ehrlich: Lena Antonia Birke) vergreifen will, dann wird aus dem Scherz grausamer Ernst. Hermann J. Kogler gibt einen richtig fiesen Anmacher, der jedem Frauenzimmer an die Wäsche geht, nur nicht seiner eigenen Frau – was diese unverständlicher Weise sehr bedauert, Christine Saginth ist eine sehr heutige Gräfin, die auch gerne ein Pantscherl mit dem blutjungen Cherubin hätte. Alduin Gazquez gibt keinen engelsgleichen Cherubin, der ja bei Mozart in aller Unschuld die Frauen verführt, sondern einen ziemlich abgebrühten Jungschurken, immer auf seinen Vorteil bedacht. Zwischen all diesen Figuren versucht Figaro (flink, verzweifelt einen Ausweg suchend: Philipp Stix) seine Susanne vor dem Zugriff des Grafen zu retten. Dessen Macht und Intrigantentum treiben Figaro in die Verzweiflungstat – er erwürgt den Grafen. Was für ein Schluss: Revolutionen entstehen, wenn die Unterdrückten keinen Ausweg mehr sehen, alle Mitteln ausgeschöpft haben. Und krachend fallen die Puppen, die das ganze Spiel über vom Plafond herunterhingen, auf den toten Grafen. Was mit Susanne und Figaro weiter passiert, bleibt offen.

Langer Applaus, auch für Peter Turrini, der an diesem Abend unter den Zuschauern saß und begeistert applaudierte.

Info und Vorverkauf unter 01/ 544 20 70, Theater Scala. Wiedner Hauptstraße 108, 1050 Wien

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