Also gleich noch einmal Seethaler! Auch diesmal nicht mit derselben Begeisterung wie bei den Romanen „Der Trafikant“ und „Ein ganzes Leben“. Obwohl Thematik und Struktur dieses Romans sich in vielen Punkten ähneln, gibt es einiges, das ganz einfach „nervt“.
Schauplatz: Irgendwo in irgendeiner Provinz – „Provinz“ im pejorativen Kontext zu verstehen. Dort gibt es nichts als eine Tankstelle und eine Landstraße, auf der kaum Autos vorbeifahren und daher auch kaum wer zum Tanken stehen bleibt. Herbert Szevko lebt dort mit seiner Mutter und dem Fisch Georg. Er ist Epileptiker und wird von allen als nicht ganz gesund im Kopf belächelt oder auch gemobbt. Seine Mutter liebt ihn, zwar mit herber Strenge, aber dennoch…
In dieses öde Leben bricht Hilde ein. Auf einem blauen Klapprad fährt sie vorbei. Hilde ist klein, rund, robust und in Herberts Augen das schönste Mädchen weit und breit. Herbert folgt ihr in das Hallenbad, wo sie als Putzfrau arbeitet, springt für sie sogar vom Fünfmeterbrett und verliebt sich in sie. Und sie in ihn. Ohne große Umstände zieht sie zu ihm. Das mit der körperlichen Liebe klappt noch nicht so recht., Die Mutter ist unzufrieden mit Hilde, schikaniert sie, wo sie nur kann, trotzdem bleibt Hilde. Als die Mutter wegen Krebs ins Krankenhaus eingeliefert wird, beginnt der Teil des Romans, der „nervt“. In einem schier endlosen, absurden, manchmal witzig – eher aberwitzigen Roadmovie entführen Herbert und Hilde die Sterbende aus dem Krankenhaus und rattern mit ihr, die sie auf der Krankenliege festgezurrt haben, durch die Gegend, durch Schlamm, durch Wälder und Wiesen, immer auf der Suche nach Freiheit, nach Freisein von vermeintlichen Verfolgern. Da hat der Autor sichtlich vergessen, die Reißleine zu ziehen. Er begibt sich in ein für ihn ungewöhnliches Fahrwasser – ins abstrus Unwahrscheinliche. Als die Todkranke diesen Horrortrip nicht übersteht und stirbt, graben die beiden unter größten Mühen sie in einem Feld ein. Immer ist der Fisch Geog mit dabei, wird in seinem Aquarium hin und hergeschüttelt. Das wäre recht witzig, wenn Seethaler den Fisch nicht so oft mitspielen ließe …das Motiv wird bis zur Ermüdung ausgequetscht.
Erheiternd ist der Showdown: Hilde und Herbert zünden die Tankstelle an und unter einem heftigen Gewitter mit Blitz und Donner birst diese in tausend Teile. Danach sollen, so berichtet ein Dorfbewohner, die beiden Hand in Hand glücklich die Dorfstraße hinunter gewandert sein, bis sie der Horizont verschluckte. Natürlich Fisch Georg mit dabei. Wie immer gelingt es Seethaler, für die beiden Außenseiter Hilde und Herbert Mit-Leiden und Sympathie beim Leser zu wecken. Und auch Verstehen, das allerdings dann aussetzt, als das Geschehen ins Irrwitzige abtriftet.