Hoffmann säuft, das wissen wir. Er ertränkt seinen Kummer um ein Weibsbild – man kann es Stella, Olympia, Antonia oder Giulietta nennen. Aber dass er sich in die Gosse säuft, wie ein Obdachloser seine Habeligkeiten im Einkaufswagen durch die Gegend schiebt und am Boden schläft – das ist schon die erste Veränderung, die zunächst Verwunderung, später Verärgerung erregt. Der Pariser Regisseurin Marianne Clément gelingt es, aus der wunderbaren Oper mit wirklich betörend – romantischen Arien und Szenen ein ganz und gar abtörnendes Musik-Drama zu machen. Ein Drama in jeder Hinsicht. Denn dank des tollen Einfalls, aus Hoffmann einen Filmregisseur zu machen, ist Hoffmann nun nicht der Hoffmann, der leidet und deshalb säuft, sondern irgendein Hoffmann, der irgendeinenen belanglosen Film dreht.Und deshalb ist Olympia keine mechanische Puppe, sondern eine widerliche Zicke, die Hoffmann eine auf die Finger klopft, als er sie antapscht. Und Antonia stirbt nicht – obwohl Hoffmann, mit Händen wild fuchtelnd sich um Texttreue bemüht – sie geht einfach gelangweilt ab. Und Giulietta in Venedig???? Die Käfige aus Holz, in denen Hoffmann herumturnt, sollen wohl die abgefackten Paläste sein…Spiegelarie – nix da, gestrichen!
Dass der Dirigent Marc Minkowski bei diesem gedankenlosen Regiekonzept auch nicht so recht weiß, wie er die Philharmoniker dirigieren soll, ist kein Wunder. Und so spielen halt die Philharmoniker ihr Spiel herunter….
In diesem Regiechaos müssen gestandene, gute Sänger und Sängerinnen sich abmühen. Allen voran Benjamin Bernheim – sein sanfter, träumerischer Tenor ist fehl am Platz. Kate Linsey scheint es am Anfang große Schwierigkeiten zu bereiten, die Muse irgendwie in dieses irre Regiekonzept glaubwürdig hineinzuzwängen. Pudelwohl fühlt sich Kathryn Lewek in den drei Frauenrollen, die sie stimmlich auszufüllen, aber nicht auszufühlen versucht. Die meiste Zeit stehen viele Figuren herum und wissen nicht, warum und wie sie agieren sollen. Dem konfusen Regiekonzept sei Dank!! Und dem Intendanten der Festspiele sei einmal mehr die Frage gestellt: Warum nach dem Flop von „Falstaff“ im Vorjahr nun ein fast identischer Regieflop in diesem Sommer? Hat Herr Hinterhäuser nie das Regiekonzept abgefragt und nie die Proben besucht???? Oder ist ihm das Genre Oper nur insoweit ein Anliegen, als es Geld einbringt, weil vom Publikum gewünscht und geliebt. Will er dem Publikum diese Liebe austreiben? Und ist ihm vielleicht so ein Flop willkommen, um irgendwann einmal aus den Festspielen Trauerspiele zu machen?
Gesehen und durchgelitten am 13. August 2024. Am Ende lautstark die Regisseurin ausgebuht!