Theater in der Josefstadt: Thomas Bernhard: RITTER, DÄNE, VOSS

Regie: Peter Wittenberg, Bühnenbild: Florian Parbs.

Gleich einmal vorneweg: Ich bin eine bekennende Nicht-Bernhard-Anhängerin. Und: Ich habe die berühmte Urfassung dieses Stückes nie gesehen. Was für die aktuelle Aufführung gut ist, weil ich ohne verklärende Erinnerungen den Abend genießen konnte. Ja, zu meiner Überraschung habe ich – im Gegensatz zu den meisten Kritikern – das Stück ganz unvoreingenommen genießen können. Wenn ich mich bei den meisten Bernhardaufführungen – es waren arg viele! – schnell langweilte, so stellte ich fest: Diesmal nicht!

Ich rufe daher auch nicht nach Peymann, im Gegenteil, Wittenberg machte seine Sache gut. Auch das Bühnenbild passt und ist gefinkelt: Ein „bürgerlicher“Salon“ mit Stehpendeluhr, eleganten Stühlen und Anrichte. An den bordeauxroten Wänden hängen, wie ich nachlesen konnte, die Bilder von den berühmten Dreien: Ritter, Däne, Voss. Die – so verstehe ich Wittenbergs Einfall, einen Museumswärter in den Hintergrund zu setzen – bitteschön der Vergangenheit angehören. Denn jetzt spielen andere das

Stück! Und die machen ihre Sache gut, sehr gut sogar:

Sandra Cervik ist die betuliche, aber bedauernswerte ältere Schwester. Sie heißt zwar laut Programm Dene, wird aber genauso wie ihre Schwester Ritter (Maria Köstlinger), nie mit Namen genannt. Denn beide sind nur arme Figuren um EINEN MANN herum, der Ludwig genannt wird (Johannes Krisch).

Es tut weh mitzuerleben, wie sich diese beiden Frauen gegenseitig bekriegen, um die Gunst des unerträglichen Mannsbildes buhlen. Beide spekulieren auf erotische Wirkungsmöglichkeiten, die an Ludwig jedoch verlorene Liebesmüh sind. Küsse gehen ins Leere, denn er ist ein von Erotik freigefegter Mann. Der hat nur seine wirren Gedanken, zusammengesetzt aus der Philosophie eines Ludwig Wittgenstein und dem Irrsinn des Neffen Paul Wittgenstein, im Kopf. Sein ganzes Da -sein in dieser ihm verhassten Wohnung mit den verhassten Bildern der Eltern (Voss als Vater, Dene als Mutter) hat nur eine Richtung: Wie er die beiden Frauen mit seiner „Krankheit“ quälen kann. Sein Irrsinn hat Sinn: Er bleibt Herr über die Schwestern, zieht alles, was sie unternehmen ins Lächerliche, samt Tischtuch und Geschirr. Wenn er Möbel umstellt, Geschirr zerbricht, Bilder umhängt, Essen ausspuckt und gegen seine Vergangenheit und seine Schwestern tobt, dann bekommen diese Szenen den absurd-aberwitzigen Charakter eines Ionescostückes. Was durchaus gut beim Publikum ankam, wie der lange Applaus und die Bravorufe bewiesen.

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