Volksoper Wien: Der Rosenkavalier.

Aufführung: 17. November 2021

Musik: Richard Strauss, Text: Hugo von Hofmannsthal. Eine Koproduktion mit dem Theater Bonn.

Gleich vorweg: Diese Rosenkavalierproduktion gehört zu den besten der letzten Jahre! Großartige Sänger, allen voran Jacquelyn Wagner als Marschallin und Emma Sventelius als Octavian,.großartige Bühnenbilder (Johannes Leiacker) und eine Regie, weitab von der allgemein gängigen Mode – will heißen: keine überkandidelten Regieeinfälle- sondern alles passt zu Musik und Text. (Regie und Licht: Josef Ernst Köpplinger). Kostüme, die zur Entstehungszeit, knapp vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, passen: Dagmar Morell. Und ein Dirigent, der die romantisch-melancholischen Klänge gekonnt mit den scharfen Akzenten der Moderne, den „Widerhaken“, wie er sie nennt, rüberbringt: Hans Graf.

Jacquelyn Wagner als Marschallin ® Barbara Palffy/Volksoper Wien

In einem Salon mit Rosentapeten und blinden Spiegeln kost ein stürmischer Oktavian die Marschallin und merkt nicht die leichte Zurückhaltung der Geliebten. Schon diese Eingangsszene ist eine der vielen Kostbarkeiten dieser Inszenierung. Emma Sventelius – sie wurde als einzige aus der Bonner Inszenierung übernommen- gibt glaubhaft in Gestalt, Spiel und Gesang einen jungen Mann, der seine erotischen Wünsche ausleben möchte. Die Bettszene wirkt deshalb in keiner Minute peinlich oder abgeschmackt, wie das oft der Fall ist, wenn Octavian eine recht weiblich bis füllige Sängerin ist. Wie nun Jacquelyn Wagner die Marschallin gibt, ist ganz große Schausspiel- und Gesangeskunst. Zurückhaltend, romantisch und frei von Larmoyanz. Und so auch ihre Selbstbetrachtung vor einem blinden Spiegel, der die Spuren der Zeit gnädig mildert. Die weltberühmte Arie „Die Zeit ist ein sonderbar `Ding“ zählt zu den schönsten Momenten der ganzen Oper. Weise vorausschauend sendet sie Octavian als Brautwerber, wissend, dass er auf die reizende junge Sophie ( ganz bezaubernd: Beate Ritter) treffen und dass zwischen den beiden der erotische Funken überspringen wird. Bewusst lenkt die Marschallin Octavian von sich weg. Ob der Abschied leichter wird, wenn er von ihr bestimmt wird? – Allerdings lädt sie Octavian und Sophie, die am Ende ein Paar sind, in ihre Kutsche ein. Ganz wird sie den Geliebten wohl nicht aus den Augen verlieren….Bis es allerdings zu dem versöhnlichen Ende kommt, haben Hofmannsthal und Strauss noch eine Riesenburleske und Intrige rund um den Ochs von Lerchenau (Franz Hawlata) eingebaut. Diese Szenen füllen der Regisseur und Dirigent mit vielen Überraschungsmomenten. Wein- Walzerseligkeit, Bosheiten, Lug und Trug der „vornehmen“ Gesellschaft tun sich auf, dazwischen der zögerliche Octavian und die verzweifelte Sophie. Das ist der Stoff, aus dem eine gute Komödie geschaffen ist. Wenn dazu noch die messerscharfe und streichelweiche Musik kommt, dann ist das Vergnügen pur. Den Reim auf diese „Sozialsatire“ kann sich jeder Zuschauer selber machen, muss aber nicht. Denn Gott sei Dank hat der Regisseur eine mögliche gesellschaftsrelevante Kritik ganz ohne erhobenen Zeigefinger inszeniert.

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