Werner Schwab, Die Präsidentinnen. Akademietheater

Trashverliebt, grauslich, punkig, fäkaliensprühend, jedem Bürgersinn für Anstand zuwider spielend..Ja, das alles ist dieses fantastische Stück von Werner Schwab. Viele Besucher verlassen fluchtartig das Theater. ABER: BITTE BLEIBEN, JEDEN ANSTAND VERGESSEN UND ÜBER DIE VERFLUCHT EINSAMEN PRÄSIDENTINNEN LACHEN!
Ja, man kann herzlich lachen, obwohl das Schicksal der drei Frauen zutiefst traurig ist.
Was die drei Schauspielrinnen unter der exzellenten Regie von David Bösch leisten, ist unfassbar komisch und tragisch zugleich:Regina Fritsch mit einer von Motten zerfressenen Pelzhaube, ist bigott, geizig und sparsam, so sparsam, dass der Tag, an dem sie besagte Haube und einen kaputten Fernseher im Müll fand, für sie ein Festtag wurde. Sie vegetiert von einer Mindestrente, träumt von Enkelkindern, die ihr der „verkehrsscheue“ Sohn Hermann sicher nie schenken wird. Ihre Wohnung ist ein einziger Müllhaufen. Dorthin lädt sie die zwei anderen „Präsidentinnen“ ein: Die etwas besser gestellte Pensionistin Grete (Barbara Petritsch),über und über mit Talmi und zerrissenen Spitzen behängt, und das arme Mariedl (Stefanie Dvorak) in dreckiger rosa Unterwäsche, das sich ihren Unterhalt als Kloputzerin verdient, die es „auch ohne macht“, nämlich die verstopfte Klomuschel auch ohne Gummihandschuhe reinigt. Wer von den drei Frauen die ärmste, elendste und traurigste Figur ist, kann man nicht sagen. Wie die drei nun diese Elendshäuflein spielen, ist einfach hinreißend. Man kann herzlich lachen, auch wenn einem manchmal zum Heulen zumute ist.
In ihrer Trostosigkeit träumen sich die drei in ein imaginäres Fest hinein – und da entsteht nun wirklich dichtes, berührendes, tragisches Theater: Grete träumt von einem „echten Kerl“, der ihr auf dem Tanzboden den Heiratsantrag macht, Erna vom Fleischhauer Wottila, der ihr auf dem Fest ebenfalls Avancen macht, und das Mariedl von ihrem triumphalen Erfolg beim Ausräumen der Aborte.Besonders geehrt fühlt sie sich durch die Dose Gulyasch, das Bier und das Parfum, das ihr der Pfarrer als Belohnung am Grund der Aborte versteckt hat. Das Fest endet mit der traurigen Erkenntnis, dass alles nicht so ist, wie geträumt. Nur Mariedl steigt in ungeahnte Höhen auf, von wo aus sie hellsichtig auf die Niedertracht der Menschen blickt.
Silvia Matras empfiehlt dieses Stück. Und auch das Programmheft, das viel über den Autor aussagt.