Wiener Konzerthaus: „Capucelli“ im Zyklus „Grenzenlose Musik“

Der Titel ist Programm: Gautier Capucon und sechs junge Cellisten aus der „Classe d`Excellence de Violoncello“ der Fondation Louis Vuitton Paris offerierten ein buntes Programm, gut gemischt aus klassischen und eigens für diese Gruppe komponierten Werken. Spannend, aufregend. Zum Rahmen „Grenzenlose Musik“ passend kommen die Musiker und Musikerinnen aus verschiedenen Ländern: Frankreich, Österreich, Belgien, Deutschland. Alle haben bereits eine internationale Karriere vorzuweisen.

Ein Musikabend wie dieser löst Reflexionen aus: Man spricht überall von der Krise des Theaters, ja der Kultur im allgemeinen. Führt diverse Gründe, wie Pandemie, Krieg oder Umweltprobleme an, die die Menschen vom Besuch eines Kulturevents abhalten. Aber dass dieser Abend ausverkauft war – wie passt das? Die Erklärung ist einfach: Musik, wie sie an diesem Abend erklang, schafft Bildertheater im Kopf. Der Zuhörer muss sich nicht von dümmlichen Einfällen diverser egomanischer Regisseure quälen lassen – er ist sein eigener Regisseur. Und es waren intensive Bilder, die die Capucelli auslösten!

Mit Astor Piazzollas „La muerte del Angel“ wird das ungewöhnliche Programm eröffnet: Keine Tangostimmung, sondern eher verhaltene Trauer. Léo Delibes „Viens Malika“ ist Romantik pur. Spannend, aufregend dann „The Forest“ von Bryce Dessner, eine Komposition eigens für diese sieben Cellisten. Er wurde durch den Brand der Nôtre Dame dazu inspiriert, als die uralten Eichenbalken langsam verbrannten und zu Boden krachten. Hohe Spannung, das Feuer greift um sich, was für die Ewigkeit geschaffen wurde, stürzt in sich zusammen. Die von der Musik evozierten Bilder sind stark!

Das Programm liefert ein Wechselbad der Gefühle: Auf das Schwere folgt Leichtes: Bela Bartok bittet zum Tanz. Gleich darauf rührt das Stück „Lasst mich allein“ zu Tränen: Antonin Dvorák setzt seine Trauer um die von ihm geliebte Schwägerin Josefina Cermakova in zu Herzen gehende Musik um. Getreu dem Motto auf Schweres folgt Leichtes wiegen die sieben Celli das Publikum in zärtlichen Walzertönen von Tschaikowsky, darauf führt Edvard Grieg Peer Gynt in die Halle des Bergkönigs. Interessant, wie Guillaume Connesson seine Liebe zu Gärten in Musik transponiert: Im „Jardin angleis“ sehen wir lange Blickachsen, elegante Landschaften, der „Jardin japonais“ bleibt abstrakt, kühl, während man im „Jardin francais“ Gekicher, Gekose, Zärtlichkeiten, Tratsch und Intrige mithört. Die drei Stücke wurden ebenfalls für diese Gruppe der Cellisten komponiert. Caroline Sypniewski übernimmt die Melodienführung als Carmen von George Bizet. Und wie! Musik und Körper sind eins. Sie IST Carmen, ihr Cello ist Carmen. Grandios! Mit Maurice Ravels „Bolero“ und Bernsteins „Manbo“ aus der Westsidestory reißen die Capucelli das Publikum zu standing ovations hoch. Den begeisterten Applaus belohnen sie mit zwei Zugaben.

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